7 Kilometer danach ist der paraguayanische Militärposten. Die Männer sind herzlich und nett, unterhalten sich mit uns über unsere Reise und erzählen uns von einem anderen deutschen Fahrzeug, das vor ein paar Tagen durchgekommen sei. Wir hatten schon mehrfach davon gehört, die Leute aber nie gesehen.
Die Weiterfahrt gestaltet sich schwierig. In Bolivien war die Piste mit grobem Kies bedeckt gewesen und dadurch hatten wir auf dem Matsch immer noch Halt gefunden. Doch seit der Grenze fehlt der Kies und wir schlingern auf dem schmierigen Untergrund dahin. Zu allem Überfluss fällt die Piste links und rechts ab, Klaus muss also vorsichtig fahren, um nicht runterzurutschen. Immer wieder nieselt oder regnet es und unser Tempo geht nicht über 20 km/h hinaus. Mittagessen und Tee gibt es während der Fahrt, wir hätten sowieso keine Möglichkeit, irgendwo anzuhalten.
Am Nachmittag treffen wir auf einen liegengebliebenen Bus. Die Fahrgäste winken uns zu und halten uns Kanister entgegen. Sie brauchen Wasser, das wir ihnen auch gleich abfüllen. Dann sprechen uns zwei Männer auf deutsch an, ob wir nicht auch Werkzeug dabei hätten. Sie hätten hier schon eine Nacht verbracht und aufgrund des schlechten Wetters würden keine Busse fahren. Sie müssten also versuchen, den Bus zu reparieren, um weiterzukommen. Klaus versorgt sie mit allem, was sie brauchen. Bei den Männern handelt es sich um Mennoniten, die mit ihren Familien auf der Rückfahrt von Bolivien sind. Als klar ist, dass sie die kaputte Kupplung nicht reparieren können, geht es darum, ob eine Familie bei uns mitfahren kann. Es sind noch 160 Kilometer bis zum nächsten Ort. Bei unserer bisherigen Geschwindigkeit wären das mindestens 8 – 10 Stunden Fahrt. Das würde bedeuten, wir müssten bis nachts um zwölf oder länger ohne Pause durchfahren. Eigentlich ist es gegen unsere Grundsätze, nachts zu fahren. Noch dazu auf einer unbefestigten, unbeleuchteten Piste durch den Busch, die sich bei einsetzendem Regen in Schmierseife verwandelt.
Während beratschlagt wird, wie es weitergehen soll, kommt ein Allradbus vorbei, der auf dem Weg nach Asunción ist. Bei ihm kann ein Teil der Fahrgäste mitfahren. Der Rest soll auf den nächsten Bus warten, der angeblich auch bald kommen wird. Eine der mennonitischen Familien kommt im Bus unter, die andere will unbedingt bei uns bis Mariscial Estigarribia mitfahren. Trotz unserer Hinweise, dass der Unimog auf der Piste ziemlich schaukelt und das Geholper und Gerüttel das Sitzen in der Kabine auf die Dauer zur Qual macht. Sie glauben nicht so recht an einen weiteren Bus. Unter der Bedingung, dass wir sofort anhalten müssten, sobald es zu regnen beginnt, erklären wir uns damit einverstanden. Glücklicherweise ist der Weg trockener und besser zu befahren, als das hinter uns liegende Stück. Das einzige Problem ist das kleine Mädchen der Familie. Ihr wird es in der Kabine schlecht und sie muss sich immer wieder übergeben. Wir öffnen die beiden Fenster an der Heckseite und durch die Frischluft geht es besser. Der Nachteil der offenen Fenster ist der Staub, der dadurch hereingewirbelt wird. Bei einer kurzen Pause fürs Abendessen sehen wir, dass bereits alles mit einer dicken Schicht überzogen ist.
Während der Junge auf der Weiterfahrt schlafen kann, geht es der Kleinen nicht besser. Doch irgendwann wird selbst den Eltern der Staub zu viel und sie bitten uns, das Fenster wieder zu schließen. Wir holpern und rumpeln weiter durch die Nacht und die zurückgelegten Kilometer werden nur langsam mehr. Es nieselt zwar zwischendurch, doch der Untergrund bleibt einigermaßen trocken. Nach knapp fünf Stunden sehen wir weit entfernt im Rückspiegel ein paar Lichter, die schnell näher kommen und nach nicht mal einer halben Stunde überholt uns tatsächlich ein Bus, der auf das Hupen und Winken von Klaus hin hält. Er hat Platz und Isaac und seine Familie wechseln zu ihm hinüber. Das gibt ihnen die Möglichkeit, gleich bis Asunción durchzufahren. Wir fahren noch etwa eine halbe Stunde, dann kommen wir unerwartet an einen Polizeiposten, wo wir die restliche Nacht verbringen.
Am Morgen regnet es und die Piste sieht fürchterlicher aus denn je. Wir wollen trotzdem weiter und zeitweise geht es auch ganz gut mit dem Fahren.
Allerdings nur im Schrittempo, weil das Heck hin und her schlingert. Nach zwei Stunden haben wir 24 Kilometer geschafft, dann passiert es. Unaufhaltsam rutschen die acht Tonnen des Unimogs in rechte Gebüsch ab. Selbst mit dem Einlegen der Sperren kann Klaus nichts dagegen machen. Wir fangen erst einmal an, die Räder vom Schlamm freizuschaufeln, legen Büsche und Zweige darunter. Dann kommen wir zwar vorwärts, bleiben aber auf der rechten Straßenseite, wo sich Wasser angestaut hat. Die Piste hängt und wir schaffen es nicht, auf den Damm hinaufzukommen. Das geht für ein paar Hundert Meter so, dann rutscht der Unimog auch noch gegen einen Baum und verhakt sich darin. Wir können weder vor noch zurück. Ein Ast drückt so stark gegen das Fenster, dass wir befürchten, es würde dem Druck nicht standhalten. Klaus holt eine Säge und wir fällen den halben Baum. Dann schaufeln wir den Schlamm weg, machen Durchbrüche für das Wasser, damit es abläuft, legen wieder Zweige unter die Räder.
Zur Pistenmitte hin schieben wir den Schlamm weg, der nur wenige Zentimeter beträgt, darunter ist es steinhart und trocken. Als wir alles fertig haben, geht ein Regenschauer nieder und Klaus versucht, auf der geschaufelten Spur hochzufahren, bevor sie wieder nass ist. Doch die Räder drehen durch, das Profil ist voller Matsch, sie finden einfach keinen Halt. Wieder rutscht der Unimog zurück in Schlamm und Wasser. Inzwischen sind wir von oben bis unten dreckig und durchnässt, in unseren Stiefeln versinken wir bis an den Rand in der aufgeweichten Erde. Erneut graben und schaufeln wir, die Reifen stecken fast bis zur Hälfte im Schlamm. Uns wird klar, dass wir es so nicht schaffen werden.
Deshalb sehen wir uns nach einer Möglichkeit um, wo wir das Seil der Winde befestigen können. Leider taugen die Büsche am Fahrbahnrand mit ihren dünnen Stämmen wenig. Wir haben jedoch keine andere Möglichkeit und können nur hoffen, dass sie unserem Gewicht standhalten. Wir legen das Seil um eine ganze Stammgruppe in der Hoffnung, dass sie einigermaßen stabil ist. Der Winkel zum Ziehen ist auch nicht ideal, der Unimog dreht sich zwar senkrecht zur Fahrbahnmitte, doch gleichzeitig rutscht das Heck wieder ins Gebüsch. Immerhin bekommen wir den Unimog etwas von der Stelle weg und soweit vorwärts, dass die 50 Meter Seil bis zum einzigen Baum weit und breit reichen. Wir haben die Räder einigermaßen freigelegt, eine Spur gemacht und dann beginnt das Winden erneut. Wir schauen nicht mehr auf die Uhr und auch der Video, mit dem wir das Ganze am Anfang noch gefilmt haben, ist vergessen. Jetzt geht es nur noch darum, endlich auf die Piste zu kommen.
Hinter uns liegen schon fast fünf Stunden Arbeit. Es ist das erste Mal, dass wir die Winde benutzen. Klaus versucht, sie zu entlasten und mitzufahren, doch wieder drehen die Räder nur durch. Das ganze Gewicht des Unimogs hängt somit am Seil. Zentimeterweise geht es vorwärts. Wie lange es gedauert hat, wissen wir nicht, doch irgendwann steht der Unimog tatsächlich wieder auf dem Damm. Wir können es kaum fassen.
Erst jetzt merken wir, wie angespannt wir waren. Während wir das Seil neu aufwickeln, sehen wir langsam ein Auto auf uns zukommen. Klaus blinkt es immer wieder an, doch erst fünf Meter vor uns halten die beiden Frauen an. Es sind Schweizerinnen, die in der Nähe leben. Die Fahrzeuge stehen sich sozusagen Kopf an Kopf gegenüber, weil die Spur nur für ein Auto reicht. Ob wir nicht ein Stück nach rechts fahren könnten, ist die Frage der Fahrerin. Wir erklären ihr, dass wir stundenlang geschuftet hätten, um von dort wegzukommen und deshalb ganz sicher nicht ausweichen würden. Ob sie unsere Lichtzeichen denn nicht gesehen hätte? Das wäre ihnen nicht aufgefallen, meinen beide. Wir bitten sie, ein Stück zurückzufahren, wo es eine Möglichkeit gibt, dass wir aneinander vorbeikommen. Doch mehrere Versuche, rückwärts zu fahren, schlagen fehl. Sie rutschen von der Piste herunter. Wir fahren deshalb ein wenig nach links und mit Schwung und unter wildem Herumschlingern schießt die Frau an uns vorbei.
Schon während wir mit dem Schaufeln beschäftigt waren, sind mehrere Männer an uns vorbeigefahren. Auch bei ihnen hatte es sich um ortsansässige Schweizer gehandelt. Nach einem kurzen Grüßen, ein paar Fragen nach dem Woher und Wohin fuhren alle weiter. Es hat uns jedes Mal verblüfft, dass uns nie jemand Hilfe angeboten hat. Nicht einmal ein Wort darüber, wo wir vielleicht Hilfe bekommen könnten. Dabei war wirklich nicht zu übersehen gewesen, dass wir ein Problem hatten.
So langsam wie nur möglich fährt Klaus dann auf der Piste weiter. Sie wird etwas besser und vor allem flacher, so dass nicht mehr die Gefahr besteht, seitlich abzurutschen. Nach knapp drei Kilometern stehen wir zu unserer Verblüffung direkt an der Teerstraße und – vor einem Arbeitercamp. Dass uns die Schweizer nichts davon erzählt haben, macht uns wütend. Hier hätten wir ohne weiteres Hilfe holen können ohne stundenlang zu schuften. Die Männer des Camps sind für die Instandsetzung der Piste zuständig und entsprechend mit Maschinen und Fahrzeugen ausgerüstet. Sie haben sich zum Schutz vor Regen eine Plane aufgespannt und kochen gerade. Als wir sie begrüßen und erzählen, woher wir kommen und warum wir naß und verdreckt sind, bieten sie uns sofort an, dass wir ihr Feuer mitbenutzen können. Wir freuen uns über ihr Angebot, kochen wollen wir jedoch lieber im Auto. Wir parken so, dass wir gleich über Nacht bleiben können. Wir haben heute zwar nur 27 Kilometer geschafft, doch es ist Spätnachmittag und allmählich merken wir die Anstrengung des Tages. Seit dem Frühstück haben wir nichts gegessen und eine Dusche brauchen wir auch.
Die Fahrt am nächsten Tag auf der Teerstraße ist herrlich. Jetzt wissen wir das erst einmal richtig zu schätzen. Es dauert jedoch nicht lange, denn wir wollen nach Filadelfia und dahin führt schon wieder eine Erdpiste. Sie ist jedoch trotz Nässe gut zu befahren. Wir kommen an ein paar Gehöften mit dem Namen Schönau vorbei, das nächste Schild lautet Schönwiese und dann taucht Filadelfia auf. Bei den Orten handelt es sich um Mennonitenkolonien, die von Deutschen gegründet wurden. Deshalb auch die deutschen Namen. Filadelfia ist eines der Zentren und für hiesige Verhältnisse eine Kleinstadt. Am Sonntag ist hier fast alles geschlossen. Wir finden glücklicherweise ein geöffnetes Geschäft. Wir erklären dem Besitzer, dass wir noch keine Guarani haben und in Dollar zahlen müssten. Doch er gibt uns das Brot auf Kredit. Wir könnten am nächsten Tag zahlen, meint er, wenn wir gewechselt hätten.
Am Abend gehen wir noch mal vorbei, seine Frau ist in der Zwischenzeit gekommen und wir unterhalten uns für eine Weile. Sie bieten uns an, vor ihrem Laden zu parken und zu übernachten. Weil der direkt an der Bushaltestelle liegt, möchten wir das eigentlich nicht. Wir hatten uns gedacht, dass wir hinter dem Museum viel ruhiger stehen würden. Doch als wir da halten wollen, erklärt uns ein Mann, der als eine Art Nachtwächter fungiert, dass wir weder dort noch vor dem Supermarkt parken könnten. Auf der Straße ist Halteverbot und die Tankstellen schliessen nachts die Tore. Damit bleibt uns nichts anderes übrig, als das Angebot der Ladenbesitzer anzunehmen. Als wir wiederkommen und ankündigen, dass wir doch bei ihnen übernachten würden, ist eine Verwandte da und lädt uns ein, bei ihr im Garten zu stehen. Sie wohnt am Stadtrand und bei ihr bleiben wir dann in den kommenden Tagen.
Als am Montag wieder das normale Leben auf der Straße stattfindet, stellen wir fest, dass hier niemanden gibt, der den traditionell gekleideten Mennoniten aus dem Bus gleicht, die wir mitgenommen haben. Kinder wie Erwachsene könnten ihrem Aussehen und ihrer Kleidung nach geradewegs aus Deutschland kommen. An diesen Anblick müssen wir uns erst gewöhnen und natürlich auch daran, dass alle deutsch sprechen. Mit uns verständliches Hochdeutsch, untereinander aber platt. Egal wo wir hinkommen, ob auf der Bank, der Post oder im Supermarkt, überall hören wir deutsch. In der Buchhandlung gibt es bis auf wenige Ausnahmen nur deutsche Bücher und wir bekommen eine paraguayische Zeitung, die zwei Mal monatlich auf deutsch erscheint. In den Geschäften hört man den ganzen Tag deutsche Schlager und Volksmusik, selbst im lokalen Radiosender gibt es abwechselnd deutsche und spanische Lieder. Dazu passen die staubigen Straßen und das tropische Klima überhaupt nicht.
Filadelfia wurde 1930 von Mennoniten gegründet, die aus Russland gekommen waren. Die paraguayische Regierung war an einer Besiedlung des Chaco interessiert und erhoffte sich von den Mennoniten, dass sie den Kampf gegen das unwirtliche Gebiet aufnehmen würden. Ihnen wurden deshalb von der Regierung die Zugeständnisse gemacht, die dieser Religionsgruppe am wichtigsten waren, unter anderem die Befreiung vom Militärdienst, eigene Schulen, absolute Religionsfreiheit. Im Chaco gibt es inzwischen etliche Kolonien, denen es relativ gut geht.
Sie sind genossenschaftlich organisiert und vermarkten ihre Produkte recht erfolgreich. Waren die Kolonien bis vor einigen Jahren nur von Mennoniten besiedelt, so hat sich das inzwischen etwas geändert. Immer mehr Paraguayer, Brasilianer und Indianer lassen sich nieder, sie finden hier meist Arbeit als Tagelöhner. Doch auch andere Deutsche leben hier und eines Morgens werden wir von einem gesprochen, als wir gerade vor dem Supermarkt parken. Erst mal dreht sich natürlich alles um den Unimog, weil er selbst einen besitzt. Als wir dann schon fast am Ende der Unterhaltung sind, fragt er uns, ob es uns nicht interessieren würde, wie es auf einer Estancia zugeht. Natürlich tut es das und so bringt er uns zu seinem Freund, der eine hat. Er wohnt in Filadelfia und fährt jeden Tag auf die Estancia. Das ist hier so üblich, nur selten wohnt jemand direkt auf seinem Besitz.
Üblicherweise leben nur ein paar Angestellte dort. Er ist gerade am Wegfahren, weil er sich neue Tiere gekauft hat, die abgeholt werden. Wir können gleich mitfahren, erst zu der Estancia, von der die Tiere stammen. Dort schauen wir beim Verladen zu, anschließend geht es zu seinem Besitz, wo der Lkw mit den 57 Stück Vieh kurz danach ankommt. Hier werden die Tiere gewogen und dann zum Eingewöhnen in einem Corral untergebracht. Der Besitzer fährt uns dann noch einige Stunden herum, zeigt uns seine anderen Tiere und erklärt uns,
Es ist nicht zu übersehen, dass er mit Leib und Seele bei der Sache ist. Er kennt seine Tiere, alles macht einen gepflegten Eindruck und es stecken viele Überlegungen und Planungen hinter der Arbeit. Am Ende des Tages sind wir wie benommen von den ganzen Informationen und der Hitze des Tages.
Das Wetter wechselt fast täglich von sonnig und wahnsinnig heiß zu bedeckt und schwül, wenigstens regnet es nachts oft und kühlt dann etwas ab. Die Leute hier sind für jeden Regen dankbar. Es ist die einzige Möglichkeit, sich mit Trinkwasser zu versorgen. Im Chaco gibt es keine Bäche oder Flüsse und das Grundwasser ist salzig. Jedes Grundstück hat deshalb große unterirdische Zisternen, in denen das Regenwasser aufgefangen wird. Es ist wichtig, dass sie möglichst voll sind, denn es geht auf den hiesigen Winter zu und da regnet es normalerweise nie. Auch wir trinken und kochen in der Zeit nur mit Regenwasser, weil die Tankstelle, bei der wir auffüllen, es ebenfalls aus der Zisterne holt.
Aus unseren geplanten zwei Tagen Aufenthalt werden am Ende sechs, bis wir wieder weiterkommen. Allmählich wird es auch mal Zeit, dass wir unsere Einreise bei der Migracion melden. Sie befindet sich in Pozo Colorado, 190 km südlich von Filadelfia.
Ein wenig ist uns doch mulmig zumute, als wir dort erscheinen. Der Beamte blättert in Sonjas Pass, um eine freie Seite für seinen Stempel zu finden und erwischt prompt die Stelle, wo die Bolivianer gestempelt haben. Er setzt seinen darunter und zwischen der Ausreise aus Bolivien und der Einreise nach Paraguay klafft deutlich und unübersehbar ein Unterschied von 9 Tagen. Doch das stört ihn nicht, er fragt nicht mal nach, wo wir in der Zwischenzeit waren. Dabei hatten wir uns schon verschiedene Erklärungen zurechtgelegt. Wir warten noch auf den Einreisestempel in Klaus’ Pass und erst als auch das ohne Nachfragen erledigt ist, schnaufen wir auf. Wir unterhalten uns noch ein bisschen über den weiteren Straßenzustand und dann geht es weiter.
Allerdings keine 50 Meter, als uns jemand vom Zoll aufhält. Er will nichts weiter, nur einen Blick in die Kabine werfen, während er uns Komplimente für unser Fahrzeug macht. Damit ist dann wirklich alles erledigt und wir fahren weiter in Richtung Asunción. Weil es auf der Teerstraße so flott dahingeht, freuen wir uns schon, dass wir es bis zum Spätnachmittag schaffen könnten. Doch um zwei Uhr hat unsere Freude ein Ende. Der dritte Platten ist da. Zur Abwechslung hinten links. Wir beschließen, den Ersatzreifen aufzuziehen und den kaputten in Asunción flicken zu lassen. Sonst brauchen wir zu lange und schaffen es nicht, vor Anbruch der Dunkelheit weiterzukommen. Sonnenuntergang ist bereits um halb sechs Uhr. Unter heftigem Schwitzen, das Wetter ist heiß und schwül, machen wir uns an die Arbeit.
Eineinhalb Stunden später geht es weiter und wir kommen gerade noch im Campingplatz im Botanischen Garten an bevor es dämmert.
Als wir am nächsten Tag bei einem Reifenflicker den kaputten Schlauch reparieren lassen, halten immer wieder Leute an und fragen uns nach dem Unimog und unserer Reise. So auffällig sind wir schon lange nicht mehr bestaunt worden. Sogar zwei Zeitungsreporter stoppen und bitten uns um ein kurzes Interview.
Asunción gibt nichts weiter her und ein halber Tag genügt uns für einen Stadtbummel. Wir bleiben danach nur noch auf dem Campingplatz, um den fälligen Kundendienst am Unimog zu machen. Dann fahren wir an einem Tag die 340 Kilometer nach Ciudad del Este, der paraguayischen Grenzstadt und hängen dort im Stau fest. Der Verkehr staut sich vor der Brücke über den Grenzfluss auf einer Länge von ca.1,5 Kilometern. Für diese Strecke brauchen wir zwei Stunden. Als wir nebenher einen Busfahrer fragen, ob das jeden Tag so ein Chaos wäre, antwortet er nein, das wäre es nur Mittwochs und Samstags. Das ist eben Pech für uns. Das einzig Lustige ist, dass an diesem Tag die Zeitung mit dem Bericht über uns erschienen ist, sie wird auch in Ciudad del Este verkauft. Mehrmals zeigen uns während der Wartezeit die Passanten den Artikel. Sie freuen sich offensichtlich, wenn sie während des Lesens feststellen, dass sie uns gleichzeitig in der Zeitung und in Natura sehen können.
Ausreiseformalitäten gibt es irgendwie nicht, aber wir wollen einen Stempel und Sonja macht sich auf die Suche. Trotz eines ständigen Menschenstroms in beide Richtungen ist sie anscheinend die Einzige, die nach so was verlangt. Doch es gibt sogar einen zuständigen Beamten, der ihr ohne viel Aufhebens beide Pässe stempelt.
Dann geht es so langsam über die „Brücke der Freundschaft“ weiter, dass uns sogar die Fußgänger überholen. Wir haben Zeit, einer Gruppe Jugendlicher beim Schmuggeln zuzusehen. Ein Mädchen schaut sich immer wieder nervös nach allen Seiten um und winkt dann mehreren Jungs, die in kurzen Abständen große schwarz verpackte Pakete heranbringen, die einer in den Fluss hinunterwirft. Anscheinend wartet dort ein Boot darauf. Das ganze geschieht am hellichten Tag während Hunderte von Menschen ungerührt zusehen.