Tudo bem!
Wir sind in Brasilien. Der Unterschied zu Bolivien wird sofort sichtbar. Es fängt mit der Teerstraße an, geht bei den Häusern weiter, die aus Ziegeln statt aus Lehm und Brettern bestehen und hört mit den riesigen Satellitenschüsseln im Garten auf. Außerdem verstehen wir fast kein Wort mehr. Gesprochen unterscheidet sich das brasilianisch-portugiesische doch erheblich vom spanischen.
So können wir dem Wortschwall der netten brasilianischen Dame auch nicht folgen, auf die wir direkt an der bolivianisch-brasilianischen Grenze treffen. Es ist die Gesundheitskontrolle und den Schildern und Hinweisen entnehmen wir, dass bei der Einreise die Gelbfieberimpfung kontrolliert wird. Wir zeigen unsere Impfpässe vor, füllen ein Formular aus und dann dürfen wir weiterfahren. Erst in der nächsten Stadt, 100 km entfernt, sind dann Zoll und Migracion.
Die Brasilianer unterstreichen ihre Worte gerne mit Gesten und der hochgereckte Daumen ist das wohl am meisten verbreitete Handzeichen. Er signalisiert soviel wie alles okay, ja, danke, super, toll – und noch vieles mehr. Wir bekommen ihn oft zu sehen, die Leute sind begeistert vom Unimog, denn die Brasilianer sind ziemlich autoverrückt. Jeep-Clubs sowie organisierte Reisen mit Allrad-Fahrzeugen sind eine beliebte Freizeitbeschäftigung. Überall auf unserer Südamerikareise sind wir ihnen begegnet, von Feuerland bis ins bolivianische Hochland. Das Interesse am Unimog ist deshalb besonders groß und die Bodenfreiheit und Geländegängigkeit werden immer wieder bestaunt.
Kurz vor Cuiabá biegen wir in Richtung Poconé ab, an dessen Ortsende die Transpantaneira beginnt. So wird die Piste genannt, die in das größte Überschwemmungsgebiet der Welt führt. Es ist berühmt für seinen Tierreichtum. Jetzt ist Trockenzeit und die Tiere drängen sich an den verbliebenen Wasserlöchern. Unzählige Krokodile liegen links und rechts der Straße, wir sehen die unterschiedlichsten Vogelarten wie den Jabiru, den größten Storch der Welt, Reiher, Waldstörche, rosa Löffelreiher, blaue und grüne Eisvögel, verschieden Greifvögel, Ibisse, Kolibris, Papageien, Tukane, Töpfervögel und viele andere, deren Namen wir nicht kennen.
Die Transpantaneira ist ca. 150 Kilometer lang. Mehr als hundert Brücken sind auf der ganzen Länge zu überqueren. Deren Zustand ist sehr unterschiedlich. Auf den ersten 65 Kilometern bis Pixaim sind sie jedoch darauf ausgelegt, dass sie von den großen Tiertransportern befahren werden können, die die Rinder von und zu den Farmen bringen. Mit diesem Wissen versuchen wir uns zu beruhigen, wenn es mal wieder gefährlich laut unter uns klappert oder ein paar Bretter fehlen. Von einer Weiterfahrt ab Pixaim rät man uns unseres Gewichtes wegen ab. Uns genügt es sowieso, was wir bis dahin zu sehen bekommen.
Während der folgenden 10 Tage übernachten wir auf verschiedenen Pousadas, die neben Hotelübernachtungen auch Campingmöglichkeiten anbieten. Bei einer der Pousadas stehen wir am Fluss und Klaus versucht sein Glück beim Angeln. Wir haben noch eine Weißwurst aus La Paz im Gefrierfach und sie erweist sich als hervorragender Köder für Piranhas. Es werden so viele, dass es für zwei Mal Mittag essen reicht. Hier machen wir auch einen Bootsausflug, bekommen eine riesige Echse zu sehen, Wasserschweine tummeln sich am Ufer, Affen hangeln sich durch die Bäume. Zum kompletten Angebot der Tour gehört es auch, dass der Bootsführer mehrmals einen toten Fisch auf einen Bambusstab steckt und damit ein Krokodil anlockt. Mit einem mächtigen Satz schnellt das Tier aus dem Wasser heraus und sichert sich seine Beute. Auch ein Falke wird mit einem toten Piranha angelockt, der sich den auf dem Wasser treibenden Fisch im Flug schnappt.
Mehrere parkende Autos auf der Piste erregen bei der Fahrt zu einer anderen Pousada unsere Aufmerksamkeit. Wir halten an und sehen, dass eine Anakonda als Fotomotiv dient. Jemand hat sie gefangen und legt sie nun den Touristen dekorativ um die Schultern. Auch Männer von der Forstbehörde sind dabei, die das Tier nach einigen weiteren Fotos wieder zurück ins Wasser entlassen. Die Schlange ist nur etwa zwei Meter lang, ein Jungtier also noch. Ausgewachsen werden sie bis zu 11 Meter lang.
Vom Pantanal aus fahren wir weiter Richtung Campo Grande und von da aus auf kleinen Nebenstraßen bis nach Foz do Iguazu. Obwohl wir die Wasserfälle schon drei Mal angeschaut haben, sind wir auch beim vierten Mal wieder begeistert von der Lage inmitten der grünen Umgebung und den unglaublichen Wassermassen, die sich hier herunterstürzen.
Wir quartieren uns wieder auf dem Camping Internacional (www.campinginternacional.com.br) ein und bleiben einige Zeit in Foz do Iguazu.
Die “Brücke der Freundschaft” spannt sich über den Rio Paraná und verbindet Brasilien mit Paraguay. Ohne weitere Ein- oder Ausreiseformalitäten kann man als Fußgänger oder mit dem Bus die Grenze passieren. Als wir 2002 das erste Mal mit dem Unimog an diesem Grenzübergang nach Brasilien eingereist sind, gab es noch viele Schmuggler, die am helllichten Tag ihre Pakete von der Brücke zu den wartenden Booten geworfen haben. Davon ist jetzt nichts mehr zu sehen. Bewaffnete Sicherheitskräfte stehen herum und die Löcher im Zaun sind geschlossen worden.
Ciudad del Este gilt mittlerweile als drittgrößter Warenumschlagplatz der Welt. Dabei wird auch vor Drogen und Waffen nicht halt gemacht. Davon ist natürlich auf den Straßen und in den Läden nichts zu sehen. Für die Brasilianer ist der Einkauf in Ciudad deshalb interessant, weil auf den Sachen keine Mehrwertsteuer drauf ist und sie deshalb billiger sind als in Brasilien. Sie dürfen jedoch nur eine begrenzte Menge einkaufen, denn dem brasilianischen Staat entgeht dadurch natürlich eine Menge Geld. Deshalb sind auch die Kontrollen verstärkt worden. Bei der Rückfahrt zum Beispiel bekreuzigt sich eine Frau, als der Bus ohne Kontrolle die Grenze durchfährt. Dann holt sie die Pakete zu sich heran, die ihr anscheinend gehören, die sie aber weiter entfernt im Bus deponiert hat. Es ist offensichtlich, dass sie etwas über die Grenze geschmuggelt hat und froh ist, dass kein Zöllner erschienen ist.
In Ciudad del Este gibt es fast alles und vor allem in dutzend- und hundertfacher Ausführung. Nicht nur ein Laden hat CD-Raubkopien, nein, gleich zehn Stück hintereinander bieten ihre Waren an, von den fliegenden Händlern ganz zu schweigen. Billig-Zigaretten sind bereits ab 1,– US$ die Stange zu haben. Parfüm, Kleidung, Taschen, Rucksäcke, Mobiltelefone und Computer, Fotokameras und Zubehör – in vier- bis fünfstöckigen Warenhäusern stapeln sich in unzähligen Läden meist die gleichen Artikel. In den engen Gassen herrscht ein ständiges Hin und Her und trotz des ganzen Überangebots werden immer noch weiter Waren angeliefert. Für uns ist es einfach unvorstellbar, wer das alles kaufen soll und wie die einzelnen Händler überhaupt ein Geschäft machen.
Nach vier Wochen in Foz do Iguazu geht es dann weiter in Richtung Süden zur Grenze Brasilien – Uruguay, die wir bei Uruguaiana überqueren.