Bei der Einreise nach Bolivien (von San Pedro de Atacama, Chile kommend), befindet sich direkt an der Grenze nur die Passkontrolle, der Zoll kommt erst 50 Kilometer später. Als wir uns danach erkundigen lautet die Auskunft, dass wir ihn nicht verfehlen werden, weil wir dabei an eine Art Torbogen kommen, der sich über die Piste spannt, und sich das Zollgebäude neben der Straße befindet.
Vorher jedoch treffen wir auf das Gebäude des Nationalparks. Dort bezahlen wir den Eintritt für das Naturschutz-Gebiet, das sich von der Laguna Verde bis zur Laguna Colorada erstreckt. Die Laguna Verde – grüne Lagune – hat ihren Namen davon, dass der Wind das Wasser und die darin enthaltenen Sedimente so durcheinander wirbelt, dass sich aus der grau-grünen Farbe allmählich das Grün entwickelt. Weil der Wind erst ab dem frühen Nachmittag einsetzt, verbringen wir einige Stunden mit Warten. Das Weiterfahren lohnt sich dann nicht mehr und wir suchen uns an der Nachbarlagune einen Übernachtungsplatz. Schon mit dem Einsetzen des Windes wurde es trotz Sonnenschein empfindlich kalt. Nach Sonnenuntergang fällt die Temperatur schnell ab und wir stellen uns auf eine eisige Nacht ein.
– 17° C zeigt am Morgen das Außenthermometer und das auf 4400 m Höhe – ein Härtetest für den Motor. Es braucht dann auch 4 – 5 Versuche, damit er anspringt. Wir selbst brauchen ebenfalls eine Weile, um uns an die Kälte zu gewöhnen. Der eisige Wind bleibt uns den ganzen Tag über erhalten und während den Fahrpausen wollen wir uns nicht im Freien aufhalten.
Nachmittags treffen wir auf besagtes Aduana (Zoll)-Schild, das an der Piste steht, von einem Gebäude jedoch keine Spur. Auch keine Hinweise, in welche Richtung wir fahren sollen. Und natürlich niemand, den wir fragen können. Die Geländewagen der Ausflugs-Veranstalter, die den ganzen Tag an uns vorbeigerast sind, haben uns alle überholt und wir stehen allein im Nichts. Also fahren wir weiter in Richtung Laguna Colorada. Bei einer Pistengabelung sehen wir links mehrere Gebäude, halten darauf zu und landen in einer Art Arbeitercamp. Dort fragen wir nach dem Zoll und die Männer deuten alle in die Richtung aus der wir kommen. Nach einigem Hin und Her und mehrmaligem Nachfragen können wir uns denken, wo wir hätten hin fahren sollen. Das liegt jedoch mehr als zwei Stunden Fahrt auf schlechter Piste hinter uns. Es ist zu spät, um jetzt noch umzukehren und deshalb fahren wir erst mal an die Laguna Colorada. Der See hat seinen Namen von der rötlichen (rot-braunen) Farbe, die von Algen und Plankton verursacht wird. Sie sind Nahrungsgrundlage für die Flamingos im See.
Wir befürchten wieder eine eisige Nacht, doch es hat am nächsten Morgen nur – 2° C und der Motor springt problemlos an. Am Abend haben wir noch lange debattiert, wie wir das Zoll-Problem am besten lösen. Hin und zurück – 5 Stunden Fahrt auf schlechter Piste, dazu die Aussicht, dass auch bei der Weiterfahrt in Richtung des Salzsees Salar de Uyuni keine Besserung der Piste in Sicht ist. Alle übereinstimmenden Auskünfte lauten, dass die Piste eher schlechter als besser wird. Das bedeutet, dass wir weitere 300 Kilometer mit etwa 20 Sachen dahinholpern – keine Aussicht, die uns jubeln lässt. Weitere 3 Tage Fahrt, dazu die Fahrt zum Zoll – 4 Tage. Wenn wir dagegen nach Chile zurück fahren, weiter in den Norden und dann wieder nach Bolivien einreisen, ist das in derselben Zeit zu schaffen. Außerdem würden wir dann sogar noch am Vulkan Sajama vorbeifahren, den wir sowieso sehen wollen. Also drehen wir um, zuckeln mit den üblichen 20 Stundenkilometern dahin und finden am Spätvormittag den Zoll. Er befindet sich auf dem Gelände einer Borax-Fabrik.
Als wir den Männern erklären wollen, dass wir sie nicht gefunden haben und dass es deshalb ein paar Tage seit der Einreise gedauert hat, winken sie nur ab. Das mit dem Schild und dem fehlenden Hinweis wird bald behoben – ob wir das glauben sollen? Auf jeden Fall sind sie sehr nett und erledigen die Ein- und gleichzeitige Ausreise. Auf unsere Frage, ob es hier nachts nicht sehr kalt sei, Zoll und Fabrik liegen immerhin auf 5030 m Höhe, führen sie uns stolz ihre Heizung vor. Die Gebäude stehen auf einem Vulkan und sie beziehen die Wärme aus dem Erdinneren.
Nach Erledigung der Formalitäten fahren wir vorbei an der Laguna Verde und am Spätnachmittag reisen wir aus Bolivien wieder aus. Als wir abends kurz vor San Pedro übernachten, sind wir aus einem weiteren Grund froh, wieder in Chile zu sein. Klaus fällt ein Gold-Inlay heraus, das er am nächsten Tag in Calama von einem Zahnarzt wieder einsetzen lassen kann. Dann geht die Fahrt weiter nach Nord-Chile und 3 Tage später reisen wir wieder in Bolivien ein. Direkt vor uns steht der höchste Berg Boliviens, der Sajama. Daneben die beiden Vulkane Parinacota und Pomerape, beide auf chilenischer Seite.
Die Teerstraße ist in sehr gutem Zustand und wir kommen schnell vorwärts. Es geht in Richtung Oruro, das wir jedoch umfahren, und dann weiter nach Potosí. Uns interessiert die Stadt vor allem deswegen, weil wir eine der Minen besuchen wollen. Seit die Spanier im Jahre 1545 die Silbervorkommen im Berg Cerro Rico entdeckt haben, wird er von den Minenarbeitern durchwühlt und durchbohrt. Die Minen gehören heute verschiedenen Kooperativen, doch der Arbeitslohn der Männer hängt davon ab, wie viel Gestein sie abbauen und welche Menge an Metall darin enthalten ist. Heute handelt es sich dabei weniger um Silber als vielmehr um Zinn.
Wir buchen eine Besichtigung bei einem der Tour-Anbieter. Ein Minibus bringt unsere kleine Gruppe – wir sind nur zu viert – höher hinauf und der Führer zeigt uns die kleinen Läden, in denen die Minenarbeiter ihre Ausrüstung kaufen – alles vom Helm bis zur Grubenlampe , von der Schaufel bis zum Alkohol , von den Coca-Blättern bis zu Zigaretten und natürlich Dynamit. Dass es einfach so frei verkäuflich ist, erklärt unser Führer damit, dass “der Tod im Berg natürlich ist” und sich deswegen niemand Gedanken darum macht, so etwas Gefährliches an wirklich jeden – ob Kinder, Minenarbeiter oder Touristen – zu verkaufen. Als Gegenleistung für Foto- und Videoaufnahmen bzw. als Geschenk für die Männer, die wir treffen werden, kaufen wir ebenfalls Dynamit, Coca-Blätter und Zigaretten. Wir bekommen Gummistiefel, einen Helm, eine Lampe und Schutzkleidung. Dann geht es noch weiter hinauf, bis zum Eingang einer Mine.
Unsere kleinen Grubenlampen geben nur wenig Licht, als wir in den dunklen Schacht hineingehen. Die Schächte folgen keinem Plan oder Muster, sondern werden von den Minenarbeitern in die Richtung weiter vorangetrieben, in der eine viel versprechende Ader entlang läuft. Es geht kreuz und quer, während der Führer uns die Geschichte des Berges und die Arbeitsbedingungen erläutert.
Wir treffen die ersten Männer. In diesem Teil der Mine wird noch nicht mit Presslufthammer gearbeitet, die Männer bearbeiten das harte Gestein mit Hammer und Meißel, bis sie tiefe Löcher geschlagen haben. Dann sprengen sie das Gestein ab. Beleuchtet wird ihr Arbeitsplatz nur von den Grubenlampen, wobei sie oft noch Karbid-Lampen verwenden. Sie sind billiger und haben den Vorteil, dass die Flamme Gruben-Gase anzeigen, wenn sich die Farbe ändert. Das kleine Flämmchen leuchtet aber nur wenig aus, was bedeutet, dass die Arbeiter praktisch im Dunkeln sitzen. Sie freuen sich, wenn Klaus die Video-Lampe einschaltet und den Gang hell erleuchtet – einer meint, dass er jeden Tag kommen könnte, das würde ihm seine eigene Beleuchtung ersparen.
Wir krabbeln durch schmale Gänge, rutschen auf dem Hosenboden durch Löcher, die nur wenig breiter als unsere Schultern sind und wissen nicht, wo wir uns im Berg befinden. Die ständige Dunkelheit, die Enge, die Sprengungen, die immer wieder zu hören sind, die mangelhaften oder fehlenden Schachtabstützungen – all das erzeugt ein ungutes Gefühl. Wir verstehen, dass die Männer, die unter diesen Bedingungen arbeiten müssen, sich mit dem Kauen der Coca-Blätter soweit betäuben, dass sie weder Hunger noch Angst haben.
Doch gegen eines hilft selbst Coca nicht – gegen die Krankheiten, die sie sich hier zuziehen und das Durchschnittsalter auf 35 Jahre reduzieren. Wenn auch offiziell das Arbeiten von Kindern unter 14 Jahren verboten ist, so sind die ärmsten Familien darauf angewiesen, dass die Jungen ihrem Vater helfen, selbst wenn sie noch erheblich jünger sind. Kontrollen, die das verhindern, gibt es nicht. Die dadurch fehlende Schulbildung verwehrt ihnen sonstige Möglichkeiten und besseres Wissen und so werden wahrscheinlich auch ihre eigenen Kinder in der Mine enden – ein ewiger Kreislauf, der nur schwer zu durchbrechen ist.
Im Laufe der Führung kommen wir auch zu einem kleinen, unterirdischen Museum. Das Wichtigste darin ist der “Tio”. Ursprünglich wurde die Figur als Gott der Finsternis von den Spaniern eingeführt, die damit die Sklaven erschrecken und zur Arbeit anhalten wollten. Doch aus dem Gott der Finsternis “dio” wurde der Onkel “tio”. Eine Figur, der die Minenarbeiter huldigen, die sie mit Geschenken und Opfern gnädig stimmen. Auch wir folgen ihrem Brauch, ziehen an einer Zigarette und trinken einen kleinen Schluck Alkohol. Er hat “nur” etwas über 50 Prozent, der von den Männern bevorzugte dagegen hat 96 Prozent und würde uns garantiert umhauen.
Nach über 2 Stunden spüren wir endlich Frischluft und kommen 200 m weiter unten wieder aus dem Berg heraus. Der Führer fragt uns nach unseren Eindrücken und jeder von uns antwortet ihm ehrlich, dass er froh ist, sich seinen Lebensunterhalt nicht so verdienen zu müssen.
Das Silber, das die Sklaven für die Spanier damals aus dem Berg herausholten, wurde in Potosí zu Münzen verarbeitet. Wie das damals vor sich ging, schauen wir uns bei einer Führung im Museum Casa de la Moneda an. Von den ersten, mit der Hand geschlagenen Münzen bis zu den letzten, im Jahre 1953 hergestellten, wird dort alles erläutert.
Sucre ist die nominelle Hauptstadt Boliviens. Hier fanden sowohl die Erklärung der Unabhängigkeit von Spanien durch General Sucre am 9. Februar 1825 als auch die Gründung der Republik Bolivien am 6. August 1825 statt. Zu Ehren des Generals erhielt die Stadt seinen Namen, ihren nunmehr endgültigen, nachdem sie ursprünglich bereits drei andere Namen trug – Charcas, La Plata, Chuquisaca. Sie hat außerdem den Beinamen “Die weiße Stadt” wegen der weiß gestrichenen Häuserfassaden.
60 Kilometer von Sucre entfernt ist Tarabuco, ein kleiner Ort, berühmt für seinen Sonntagsmarkt. Auch hier ist es wieder so, dass der Markt weniger des Angebotes wegen interessant ist als vielmehr wegen der Trachten, die wir zu sehen bekommen. Die Kopfbedeckung des Mannes zum Beispiel wurde den Helmen der Spanier nachgemacht.
Von Sucre aus fahren wir zurück nach Potosí. Als wir mittags noch etwa 10 Kilometer vom Stadtrand entfernt sind, sehen wir Steine auf der Straße liegen, die nichts Gutes verheißen. Und nach der nächsten Kurve stehen auch schon die ersten Fahrzeuge. Minenarbeiter blockieren die Straße, sie streiken.
Irgendwann am Abend soll angeblich die Blockade aufgehoben werden – Umleitungsmöglichkeiten gibt es keine. Also richten wir uns auf eine längere Wartezeit ein. Solange die Sonne scheint und es warm ist, sind die Wartenden noch ganz geduldig. Doch als die Sonne hinter dem Berg verschwindet, wird es empfindlich kalt und die Aussicht, eine eiskalte Nacht auf 4000 m Höhe zu verbringen, völlig überrascht und unvorbereitet, ohne Decken, Heizung oder Essen, schlägt den Leuten aufs Gemüt. Wir können nicht mehr tun, als herumsitzen und warten. Immerhin haben wir es warm und kochen uns zwischendurch das Abendessen. Die Uhrzeiten, die uns genannt werden, wann die Blockade aufgehoben wird, vergehen ohne Ergebnis. Es wird fünf Uhr, sechs Uhr, nichts.
Als es dunkel wird, fangen immer mehr Menschen um uns herum damit an, die trockenen Grasbüschel anzuzünden. Sie brennen nicht lange, qualmen aber dafür umso mehr. Innerhalb kürzester Zeit liegen dichte Rauchschwaden über der ganzen Gegend. Für uns macht das alles keinen Sinn, denn niemand wärmt sich an dem Feuer. Als wieder einmal einer der Minenarbeiter vorbeikommt, mit dem sich Klaus gelegentlich unterhält, fragen wir ihn wegen des Feuers. Es ist San Juan – Johannisnacht. Es werden Johannisfeuer entzündet. Weil sie nicht daheim feiern können, fangen die Leute hier damit an.
Dann plötzlich, kurz vor halb acht, kommt Bewegung in den Stau, mehrere Männer laufen zu ihren Autos und starten. Es geht weiter. Im Schritt-Tempo zwar nur, aber immerhin. Langsam fahren alle wieder auf der Spur in Richtung Potosí, ein großer Lkw voller Minenarbeiter dagegen verlässt in entgegengesetzter Richtung die Stadt. Wir sehen bereits die Maut-Station kurz vor der Stadt, als wieder alles zum Stehen kommt. Unser erster Gedanke ist – wie können sie jetzt nur daran denken, auch noch bei jedem Fahrzeug die Maut zu kontrollieren? Jeder, der in Richtung Stadt fährt, hat doch sowieso schon bezahlt. Doch als einfach gar nichts vorwärts geht, kommt uns das schon komisch vor. Ein paar Autos biegen auf eine Piste ab. Anscheinend gibt es weiter vorne irgendwo Probleme, vielleicht sind die Steine noch nicht weggeräumt, und die Autofahrer sind zu ungeduldig um noch länger zu warten.
Wir beschließen, den immer mehr werdenden Fahrzeugen auf die Piste zu folgen. Wir gehen davon aus, dass die Einheimischen schon den Weg kennen. Ansonsten würden wir nicht einfach so bedenkenlos in der Dunkelheit auf einer unbekannten Piste fahren. Plötzlich sehen wir im Rückspiegel eine Gruppe von Männern, die hinter der langsam fahrenden Autoschlange her stürzen und anfangen, Steine auf den hinter uns fahrenden Bus zu werfen. Klaus gibt Gas, damit wir ihnen entkommen, doch die Piste ist in schlechtem Zustand, es geht bergauf und die Busse und Lkws kommen kaum vorwärts.
Eine andere Gruppe von Männern hat die Autos bereits überholt, zündet Feuer an und beginnt mit einer erneuten Blockade. Rechts von uns taucht ein Fußballfeld auf, auf das wir ausweichen, um den Steinewerfern zu entgehen. Wir springen aus dem Auto, Klaus schnappt sich einen Minenarbeiter, zufällig eine Art Anführer, und erklärt ihm, dass wir Touristen seien und nicht wüssten, was hier los sei. Er beruhigt uns, dass uns nichts passieren würde. Sie hätten nur ihre Landsleute davon abhalten wollen, die noch bestehende Blockade zu durchbrechen.
Es stellt sich heraus, dass verschiedene Gruppen von Arbeitern verschiedene Sperren errichtet haben. Eine ist bereits aufgehoben, während die andere noch andauert. Uns ist das egal, wir wollen nur noch einen sicheren Standplatz für die Nacht.
Immer mehr Männer kommen herbei und versichern uns, wir könnten ohne Probleme auf dem Fußballfeld bleiben. Ganz geheuer ist uns das nicht und als uns einer kurz darauf anbietet, bei einer Familie auf dem Hof um die Ecke zu übernachten, ist uns das wesentlich lieber. Drei Männer und zwei Frauen feiern bei einem kleinen Lagerfeuer die Johannisnacht. Wir gesellen uns dazu, steuern ein paar Kracher bei, die inzwischen überall abgeschossen werden und trinken einen kleinen Schluck Alkohol – hier gibt es den beliebten 96prozentigen!
Dann wollen wir schlafen gehen. Kaum sind wir im Unimog und haben das Bett gemacht, als es klopft. Es ist inzwischen halb zehn und wir haben eigentlich keine Lust mehr auf Besucher. Es ist der Mann, der uns den Platz verschafft hat. Die Blockade wäre jetzt aufgehoben, meint er, wir sollten jetzt sofort nach Potosí fahren. Am Morgen würde der Streik erneut beginnen und dann könnten wir nicht mehr weiter. Er fährt ein Stück mit, damit wir sicher durchkommen. Also wieder zurück auf die Piste, hinunter zur Teerstraße. Wir passieren die Maut-Station, sehen die Reste von brennenden Reifen und überall Steine. Der Mann steigt aus, als wir alles hinter uns haben.
Der Weg in die Stadt ist mehr oder weniger frei. Einige wenige Autos sind unterwegs. Wie wir schlängeln sie sich durch die herumliegenden Steinbrocken. Überall in der Stadt sind die Feiern zur Johannisnacht in vollem Gange, Feuerwerksraketen beleuchten die Nacht, Kinder und Jugendliche lassen Kracher los und werfen schon mal auf das ein oder andere Auto. Wir brauchen einen sicheren Stellplatz und als wir zu einer Tankstelle kommen, übernachten wir dort. Für morgens stellen wir uns den Wecker, stehen um halb sieben auf und verlassen die Stadt in Richtung Uyuni. Auch hier liegen Steine und der Mann in der Maut-Station erzählt, dass gestern alles blockiert war. Ab acht Uhr soll angeblich wieder alles gesperrt werden. Es ist halb acht und wenn auf die Pünktlichkeit hier auch nicht unbedingt Verlass ist, so sind wir doch froh, dass wir so früh weg kommen.
210 Kilometer sind es von Potosí nach Uyuni, wir brauchen dafür eineinhalb Tage. Die Piste ist ein ständiges Auf und Ab in Verbindung mit Wellblech und unsere Durchschnittsgeschwindigkeit geht mal wieder nicht über die bereits gewohnten 20 km/h hinaus. Von Uyuni sind es dann noch einmal 20 Kilometer nach Colchani, wo sich eine Zufahrt auf den Salar de Uyuni, den größten Salzsee der Welt, befindet.
Gleich am Anfang sehen wir unzählige Salzhügelchen. Die Menschen in Colachani bauen hier Salz ab, aus dem dann Speisesalz gewonnen wird. Die Zufahrt auf den Damm ist trocken und problemlos, denn es hat schon länger nicht geregnet. Die Oberfläche ist fest und hart und gut zu befahren. Nur an den so genannten “ojos” muss man aufpassen. In diesen Löchern steht das Wasser und die Ränder brechen leicht ein.
Bei einer Geschwindigkeit von 80 km/h erreichen wir schnell die in der Mitte gelegenen Inseln. Die schönste davon die Isla Incahuasi. Auf ihr gibt es unzählige Kakteen und versteinerte Korallen. Von der Höhe überblicken wir die Gegend viel besser und es verstärkt sich das Gefühl, mitten auf einem zugefrorenen See zu stehen. 360 Grad um uns herum ist es blendend weiß. In weiter Ferne sehen wir kleine Berge, die am Rand des Salzsees stehen.
Am Nachmittag frischt der Wind immer mehr auf und zum Sonnenuntergang wird es sehr kalt. Zur Windseite hin decken wir den Motor deshalb mit einer Plane ab. – 12° C zeigt das Thermometer in der Früh an. Wir haben jedoch so geparkt, dass die ersten Sonnenstrahlen auf Tank und Motor treffen und beides einigermaßen anwärmen. Klaus hat deshalb auch keine Probleme, den Unimog zu starten.
Auf dem Rückweg stoppen wir am Hotel Playa Blanca. Es ist komplett aus Salz erbaut, selbst Tische, Stühle und Betten bestehen daraus. Das Hotel ist wirklich eine Kuriosität und auf jeden Fall einen Besuch wert. Ein paar Leute kommen abends an und übernachten dort. Sie versichern uns am nächsten Morgen, dass es mit den dicken Lama- und Alpaka-Fellen nachts warm war und sie hervorragend geschlafen haben.
Der Zustand der folgenden 280 Kilometer Piste ist etwas besser. Dafür dürfen wir dann auch ein paar kleinere Bäche queren und zwei Flüsse. Ab Huari haben wir dann wieder Teerstraße unter den Rädern und sind gerne bereit, dafür an den Mautstellen etwas zu bezahlen. Leider überschätzen die Männer gerne unser Gewicht und stufen uns mindestens in die Klasse der 10 – 12 Tonner ein. Einer geht sogar soweit, dass er den Tarif für 21 Tonnen fordert. Dabei fallen wir unter Semi-Pesado, 3,6 – 9 t. Das führt dann jedes Mal zu Diskussionen, obwohl auf unserem Zollpapier das Gewicht von 7,5 t eingetragen ist.
Bei Ernesto in der Werkstatt finden wir auch dieses Mal einen sicheren Stellplatz. Weil wir ja die meisten Sehenswürdigkeiten schon kennen, bummeln wir bevorzugt in den Nebenstraßen herum. Wir entdecken das Cafe Heidelberg, in dem es original deutschen Bienenstich gibt, nicht einmal der Name wird ins spanische übersetzt.
In der Nachbarschaft ist eine Bäckerei, die Brezen, Laugensemmeln, Vollkornbrot und Nussecken verkauft, es sieht aus wie beim Bäcker daheim. Und in der Metzgerei nebenan kaufen wir Weißwürste – hergestellt aus Lamafleisch. Sie können aber durchaus mit den bayerischen mithalten.
Vor gut drei Monaten begann hier in La Paz unsere Hochlandtour durch Bolivien und Peru und hier beenden wir sie auch. Wir fahren weiter ins bolivianische Tiefland. Es geht durch die Chapare-Region, ein Gebiet mit tropischem Regenwald und ausgedehnten Kokapflanzungen. Als wir im März 2003 die Strecke in umgekehrter Richtung fuhren, waren gerade Demonstrationen von Koka-Bauern und wir waren froh, dass keine Straßensperren stattfanden. Jetzt sehen wir nichts mehr davon, momentan ist alles ruhig.
Kurz vor Santa Cruz biegen wir von der Teerstraße ab, überqueren den Rio Grande auf einem Ponton, einer Art schwimmenden Floß, das von den Männern an einer seichten Stelle teilweise durch den Fluss gezogen, teilweise mit Stangen gestakst wird. Dann geht es weiter, anfangs noch ein Stück auf der Teerstraße, später dann auf Pisten bis wir mit San Javier den Ort erreichen, in dem 1692 Jesuiten die erste von insgesamt 10 Missionsstation im Süden der Region Chiquitania gegründet haben. Alle dieser so genannten “Reduktionen” sind von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt worden. Wir besichtigen San Javier, Concepción (siehe Fotos) sowie San Ignacio de Velasco.
Bis hierher stimmen unsere Karten mit dem Pistenverlauf überein. Die folgenden 200 Kilometer bis zur brasilianischen Grenze jedoch sind nirgends richtig eingezeichnet. Wir fragen uns unterwegs an Militärposten und kleinen Dörfern durch. Die Piste ist jetzt in der Trockenzeit relativ gut zu befahren, nur das ständige Wellblech rüttelt an Fahrzeug und Nerven. In San Matias, dem letzten Ort in Bolivien geben wir unsere restlichen Bolivianos aus, tanken noch einmal und gehen zum Mittag essen. Eine halbe Stunde später stehen wir dann an der bolivianisch-brasilianischen Grenze.