Welche Länder haben Sie in Nahost besucht?
Das ist die erste Frage des Immigration-Beamten, als wir neben dem Einreisehäuschen zum Halten gekommen sind. Davon sind wir nun doch etwas überrascht, schließlich kommen wir gerade direkt aus Mexiko und es ist schon eine Weile her, dass wir in arabischen Ländern waren. Klaus zählt sie ihm alle auf mit dem Hinweis, dass das schon einige Jahre zurückliegt. Der Beamte blättert unsere Pässe durch, gibt sie uns zurück und zeigt uns an, dass wir hinter das Gebäude fahren sollten. Dort wäre die so genannte second inspection (zweite Kontrolle) und da sollten wir uns melden. Gleich mehrere Männer stehen dort bereit und stellen uns mal wieder die üblichen Fragen, die wir bei jeder Einreise zu hören bekommen: Was wir in USA machen? Wie lange wir dort bleiben wollen? Was wir in Deutschland arbeiten würden? Wo wir gerade herkommen? Wo unser Wohnsitz ist? Ob wir Familie, Freunde oder Verwandte in den USA haben würden? Geduldig beantworten wir das Ganze, obwohl sie das auch aus ihrem Computer herauslesen könnten. Wir wissen, das dort jede Kleinigkeit vermerkt ist, woher hätten sie das sonst mit Nahost gewusst. Hat wohl mal jemand notiert, der unsere Stempel im Reisepass gesehen hat. Wozu diese Fragerei dient, wird uns immer ein Rätsel bleiben.
Denn wir haben für die USA ein Visa und unser ganzer privater und geschäftlicher Hintergrund wurde bei der Antragstellung in Frankfurt schon überprüft. Außerdem haben wir noch eine gültige Aufenthaltskarte bis Juli 2007 und sogar einen Rückflug nach Deutschland. Es sind auch weniger die Fragen, die uns stören, als vielmehr der militärische Ton, in dem sie uns gestellt werden. Einer der Männer tut sich besonders hervor und sein “Sir” gegenüber Klaus bellt er so laut heraus, dass jemand mit weniger starken Nerven wahrscheinlich jedes Mal zusammenzucken würde. Doch wir haben schon so unzählig viele Grenzübertritte hinter uns im Laufe unseres Reiselebens, dass er uns mit so etwas nicht nervös machen kann.
Die Kontrolle unseres Fahrzeugs beschränkt sich hauptsächlich auf Früchte und Fleisch, das nicht mitgebracht werden darf. Doch außer einem kurz zuvor gekauften knusprigen Grillhendl haben wir nur ein paar Zwiebeln und Bananen dabei, von denen wir sicher wissen, dass sie erlaubt sind. Und da wir die Fragen anscheinend zu ihrer Zufriedenheit beantwortet haben, dürfen wir doch tatsächlich einreisen.
Unser erster Blick gilt wie immer den Spritpreisen. Seit Februar sind sie wieder etwas gestiegen, aber im Vergleich zu Deutschland ist es hier immer noch günstig. Die Gallone (3,78 l) Diesel kostet so um die 3 Dollar und bei dem derzeitigen Wechselkurs sind das knapp 60 Eurocent für den Liter. Am meisten erstaunt uns aber nicht der Preis, sondern die Tatsache, dass erstmals Diesel billiger ist als Benzin. Das ist eine Neuheit in den USA, denn in all den Jahren, in denen wir hier waren, war es sonst umgekehrt. Selbst im Februar 2007 war Diesel noch teurer gewesen. Nun, uns soll das nur recht sein.
Wir halten uns nirgends auf, denn die Gegend kennen wir bereits von unseren letzten Aufenthalten. Wir machen nur ein paar Einkäufe und fahren einige Tage auf dem Highway 395 direkt nach Nevada zu Bekannten. Sie leben in dem kleinen Ort Virginia City, einer ehemalige Silberstadt. Wieder sind wir begeistert von den alten Häusern mit zum Teil noch Originalfassaden aus dem 19 Jahrhundert und den Gehsteigen aus Holzplanken. Hier kann man sich richtig vorstellen, wie Cowboys durch den Ort geritten sind.
Weniger gut gefällt uns das Wetter. Als wir am Tag nach unserer Ankunft aus dem Fenster schauen, trauen wir unseren Augen kaum.
Über Nacht ist Schnee gefallen und die Temperatur ist auf 0 Grad gesunken. Virginia City liegt zwar auf ca. 1900 m, doch es ist fast Ende April und da ist Schnee schon eher die Ausnahme. Glücklicherweise hält er sich nicht lange. Er schmilzt mit den ersten warmen Sonnenstrahlen und im Laufe der Woche bekommen wir herrliches Frühlingswetter.
Das freut besonders die Motorradfahrer. Denn am letzten Aprilwochenende findet ein Motorradrennen statt, bei dem es von der Stadt aus in die nahe gelegene Wüste geht. Wir schauen uns den Start der über 300 Motorräder von der Hauptstraße aus an. Danach bummeln wir etwas durch die Geschäfte. Und am Abend sehen wir dann die meisten wieder irgendwo in einer der Bars. Man hat in dem Ort 16 Möglichkeiten, um sein Bier zu trinken – jedes Restaurant, jede Bar, jedes Casino eingerechnet. Und das Ganze für knapp 1000 Einwohner, von denen man aber die fast 400 Schüler abziehen muss, die ja nichts trinken dürfen. Kein schlechter Schnitt.
Wir bleiben einige Zeit in Virginia City und arbeiten verschiedenes auf, was sich so in den letzten Wochen angesammelt hat. Auch am Unimog gibt es was zu tun. Klaus muss die Bremsbeläge austauschen, Öle wechseln und vor allem ist ein Großputz notwendig, um den ganzen Staub der Baja herauszubekommen.
Mit neuer Energie machen wir uns vierzehn Tage später auf und fahren ins Colorado-Plateau. Dort machen wir dann zwei Wanderungen in völlig unterschiedlichen Gebieten. Im Grand Staircase-Escalante National Monument geht es zu den so genannten ” White Hoodoos”. Damit sind weiße Felsformationen gemeint, die über eine anstrengende Wanderung durch ein ausgetrocknetes Flussbett zu erreichen sind. Um sie zu finden bekommen wir im Besucherzentrum eine Beschreibung und dann machen wir uns auf den langen Weg. Das Gehen über grobe Steine und Sand ist mühsam und wir sind der heißen Sonne gnadenlos ausgesetzt. Wir können uns zwar zwischendurch kurz im Schatten von Büschen ausruhen, wenn wir was trinken, aber ansonsten brennt die Sonne auf uns herunter. Nach knapp 2 Stunden haben wir den 7 km langen Weg geschafft und sehen die eigenartigen weißen Felsen mit ihren braunen Hüten darauf.
Wir verbringen den Nachmittag mit ausgiebigen Film- und Fotoaufnahmen, bevor wir zurück gehen. Unser Gepäck ist etwas leichter geworden, von den ursprünglich 6 Litern zum Trinken sind nur noch 2 übrig. Die teilen wir uns für den Rückweg ein und obwohl es bereits später Nachmittag ist, ist es weiterhin sehr heiß. Die Hitze und der lange Weg sind wahrscheinlich einige der Gründe, warum nur wenige Leute hierher kommen. Auch wir sind froh, als wir wieder am Ausgangspunkt der Wanderung ankommen, wir sind sogar schneller als morgens und brauchen nur mehr 1,5 Stunden. Das Beste des Tages kommt aber noch. Wir fahren wenige Kilometer zum nahe gelegenen Lake Powell und stürzen uns dort ins Wasser. Um diese Jahreszeit ist es zwar noch etwas frisch, aber wir sind so erhitzt, dass uns das nichts ausmacht.
Eine weitere Wanderung führt uns in ein völlig anderes Gebiet, mit anderen Felsformationen. Sie ist nicht weniger anstrengend, doch wir sind mit Bekannten unterwegs und die ständige Unterhaltung lenkt uns alle etwas ab. Wir besuchen die South Coyote Buttes. Sie liegen in der Paria Canyon-Vermilion Cliffs Wilderness. Das wohl bekannteste Beispiel für die einzigartigen Felsformationen dort ist die so genannte “Wave”, die in den North Coyote Buttes liegt. Dafür braucht man eine Erlaubnis, die man entweder auf Monate im Voraus im Internet bekommt oder durch Verlosung vor Ort. Wir haben weder im Internet noch bei der Verlosung Glück, doch da wir vor 10 Jahren schon einmal dort waren ist das nicht so schlimm und wir schauen uns eben eine andere Gegend an. Hier sind die Felsformationen zwar nicht ganz so spektakulär, aber sie sind eine sehenswerte Alternative, wenn man keine Erlaubnis für das wesentlich bekanntere North Coyote Butte bekommt.
Auch diese Wanderung beenden wir am Abend mit einem erfrischenden Bad im Lake Powell, bevor wir auf den Campingplatz fahren.
Mit dem einsamen Campingleben ist es danach vorbei, es geht nämlich nach Los Angeles. Wir waren noch nie dort und wollen endlich einmal das berühmte Hollywood sehen.
Doch erst einmal müssen wir uns durch den unglaublichen Verkehr auf den mehrspurigen Straßen kämpfen. Während des Berufsverkehrs sind sie fünf- und sechsspurig in alle Richtungen verstopft, das völlige Chaos. Es ist kühl hier in Los Angeles, ein frischer Wind macht es selbst in der Sonne unmöglich, mit kurzärmligem T-Shirt herumzulaufen. Aber gerade in Städten sind wir froh, wenn es nicht so heiß ist, während wir unterwegs sind. Zuallererst schauen wir uns den bekannten “Walk of Fame” an, bei dem sich Berühmtheiten mit Sternen auf dem Gehsteig verewigt haben. Viele Namen bekannter – und zumindest für uns unbekannter – Stars lesen wir auf Schritt und Tritt.
Natürlich schauen wir uns auch die Hand- und Fußabdrücke vor Grauman’s Chinese Theater an.
Das Theater wurde 1927 eröffnet und seitdem haben darin unzählige Filmpremieren stattgefunden. Die Abdrücke im Vorhof gehen angeblich darauf zurück, dass die Schauspielerin Norma Talmadge bei eben dieser ersten Premiere versehentlich in den nassen Zement getreten ist. Und danach haben es ihr viele Schauspieler/-innen nachgemacht.
Aus einem Besuch des Observatoriums, von dem aus wir sowohl den Namenszug “Hollywood” als auch die Stadt sehen könnten, wird nichts. In der Woche zuvor hat es einen Waldbrand in dem Park gegeben und deshalb ist das Gebiet geschlossen. Den Schriftzug am Berg haben wir zwar von weitem schon gesehen, aber wir hätten ihn gerne noch näher gehabt. Deshalb fahren wir am nächsten Tag durch die Berge hinter der Stadt, obwohl es so diesig ist, dass wir kaum was von den Häusern um uns herum und schon gar nichts von der Stadt unter uns sehen. Wir hoffen, dass sich das Wetter wie an den vorhergehenden Tagen ab Mittag bessert, doch heute haben wir einfach nur Pech. Es tut sich nichts und wir können den Schriftzug nur verschwommen sehen. Noch einen Tag deshalb in der Stadt zu bleiben ist uns das Ganze nicht wert.
Wir machen uns lieber auf den Weg nach San Francisco. Es ist unsere Lieblingsstadt in USA und das wird bereits unser dritter Besuch. Irgendwie haben wir gar nicht das Gefühl, als ob sich in den letzten 10 Jahren viel verändert hätte, als wir so durch die Straßen schlendern.
In Chinatown schmeckt es uns auch dieses Mal wieder am besten, weshalb wir täglich zum Mittagessen und Kaffee trinken her kommen.
Die Cable Car fährt immer noch, die alten Häuser am Alamo Square sind weiterhin ein beliebtes Fotomotiv und die Aussicht von den Twin Peaks auf die Stadt ist atemberaubend.
Und nicht zu vergessen das Wahrzeichen der Stadt – die Golden Gate Bridge. Wir filmen und fotografieren sie von jedem nur möglichen Aussichtspunkt und dieses Mal haben wir Glück mit dem Wetter. Auch in San Francisco beginnt jeder Tag diesig, aber sobald wir mit dem Frühstück fertig sind, scheint auch schon die Sonne und beschert uns einige wunderschöne Tage.
Unsere vierzehntägige Rundtour ist mit Aktivitäten und Besichtigungen angefüllt und deshalb sind wir froh, als wir wieder zurück bei unserem Freund in Nevada sind und uns dort erholen können. In dem kleinen Ort Virginia City gibt es zahlreiche Aktivitäten und so erleben wir hier zum ersten Mal eine Parade zum Memorial Day.
Für uns ist dieser Tag eigentlich nur deshalb wichtig gewesen, weil er sozusagen die Feriensaison in den USA einläutet. Memorial Day ist der letzte Montag im Mai und mit dem verlängerten Wochenende beginnen die Amerikaner vermehrt an den Wochenenden wegzufahren. Über die eigentliche Bedeutung des Tages hatten wir uns aber noch keine Gedanken gemacht. Dabei wird an diesem Tag der Veteranen und Kriegsgefallenen der bisherigen Kriege gedacht. Je nach Größe der Stadt fällt die Parade mehr oder weniger groß aus. In Virginia City gibt es eine relativ kleine Parade mit Militärfahrzeugen, allen voran die Fahnen schwenkenden Veteranen, dazwischen ein paar aktive Soldaten in Uniform sowie ehemalige Soldaten, die großzügig an die Kinder Bonbons verteilen.
Wir bekommen Besuch von Freunden, mit denen wir schon auf der Baja California zusammen waren und das Wiedersehen wird nicht nur mit einem Kneipenbesuch in einer der unzähligen Bars gefeiert, sondern auch mit richtigem deutschen Sauerbraten, Kartoffelknödeln und Blaukraut. Die Tage vergehen mal wieder wie im Flug, wenn man nette Leute trifft und es viel zu erzählen gibt und nach einer Woche heißt es bereits wieder Abschied nehmen.
Auch für uns geht die Zeit in USA langsam dem Ende entgegen.
Von Nevada aus fahren wir auf direktem Weg nach Norden, durchqueren Oregon, Idaho und Washington und fahren an einem kleinen Grenzübergang über die amerikanisch-kanadische Grenze.