Entgegen unseren Befürchtungen verläuft die Einreise weniger schwierig als erwartet. Wir dürfen zwar nicht einfach so in den Zollhof hinein fahren wie sonst an den Grenzen, sondern werden erst einmal vor dem Tor abgefangen, befragt und das Unimog-Expeditionsmobil wird angeschaut. Aber die jungen Männer sind alle höflich und nett, sprechen englisch und sind überaus kompetent. Es ist fast gar nichts los, denn die wenigen Touristen kommen mit jordanischen Taxis, die wieder umkehren. Die Einreise mit einem Fahrzeug ist schon eine Sensation und Wohnmobile sind hier kaum bekannt. Und mit unserem Unimog sind wir hier etwas sehr Ungewöhnliches. Wir werden oft darauf angesprochen, besonders als wir später in der Negev-Wüste unterwegs sind. Die Israelis stehen auf Off-Road-Fahren und sind ganz begeistert von unserem geländegängigen Unimog U 2450 L38. Und weil die meisten sehr gut englisch sprechen, ist die Verständigung kein Problem.
Nach der Abfertigung fahren wir erst einmal nach Eilat. Bisher haben wir die Stadt immer nur von weitem vom Strand aus gesehen. Hier herrscht jedoch ein anderes Leben als in Jordanien. Der Strand ist sauber, alles ist gepflegt und schön angelegt. Wir fühlen uns wie in einer anderen Welt. In einem Buchladen finden wir sogar eine englischsprachige Straßenkarte mit Beschreibung der Sehenswürdigkeiten. Da wir ja nicht auf Israel vorbereitet waren, haben wir weder Karten noch Bücher dabei und müssen uns erst einmal informieren.
Auf unserem Weg durch die Negev-Wüste schauen wir uns den Ramon-Krater an. Es handelt sich dabei nicht um einen erloschenen Vulkan, wie man aufgrund der Bezeichnung vermuten würde. Sondern um den größten Erdeinbruch der Welt. Der 300 m tiefe Kessel ist vor 70 Mio. Jahren durch Erosion und Erdeinbrüche entstanden.
Dann fahren wir weiter nach Avdat, zu den Überresten einer Siedlung aus der Zeit der Nabatäer. Dem selben Volk, das die großartigen Bauwerke in Petra geschaffen hat. Der Ort war eine wichtige Station an der Weihrauchstraße.
Die Negev-Wüste ist nicht so einsam und verlassen, wie man sich das vielleicht vorstellt. Große Gebiete werden vom Militär als Übungsplatz genutzt und entsprechend ist die Beschilderung. Es wird immer wieder darauf hingewiesen, wenn man durch eine sogenannte “Firing Area” fährt. Man darf dann die Straße absolut nicht verlassen, damit man nicht unversehens in eine Übung gerät. Von dem Panzer jedoch, den wir dort getroffen haben, geht keine Gefahr mehr aus, er ist nur vor einem Militärcamp ausgestellt.
In der Negev liegt auch der Kibbuz mit dem ehemaligen Wohnhaus der Familie Ben Gurion. David Ben Gurion war der erste Ministerpräsident des Staates Israel und hat bis zu seinem Tod 1973 in dem Kibbuz bei Sede Boker gelebt. Das Haus ist im Originalzustand erhalten, samt Einrichtung, Pantoffeln, Brillengläsern auf dem Nachttisch – so als ob er nur gerade aus dem Haus gegangen wäre. Zusammen mit seiner Frau Paula ist er wenige Kilometer entfernt bestattet worden und die beiden Gräber schauen wir uns auch noch an.
Da wir in Jordanien am Toten Meer nicht zum Schwimmen kamen, wollen wir das hier in Israel nachholen.
In En Boqeq gibt es etliche Hotels, die sich auf Wellness und Gesundheitsurlaub am Toten Meer spezialisiert haben. Doch daneben gibt es auch einen öffentlichen Strand und dort bleiben wir für zwei Tage. Wir fühlen uns dort fast wie im Sanatorium, denn viele Touristen legen den Weg vom Hotel zum Strand in weißen Bademänteln zurück.
Bereits morgens um sieben Uhr ziehen kleine Grüppchen an uns vorbei. Am Nachmittag dagegen kommen die Bustouristen, die für ein paar Stunden bleiben. Und das Ungewöhnlichste von allem ist, dass hier die vorherrschende Sprache russisch ist. Neben Hebräisch ist alles Kyrillisch angeschrieben. Da wir beides nicht lesen können, fühlen wir uns hier wie die Exoten. Was uns aber nicht daran hindert, unseren Badeaufenthalt zu genießen.
Man sieht es den Leuten genau an, ob sie schon öfter im Toten Meer gebadet haben oder nicht. Viele, die zum ersten Mal hineingehen und dann den starken Auftrieb spüren, fangen an zu lachen. Es ist ja auch ungewöhnlich, einfach so im Wasser zu schweben, ohne dass man etwas dafür tun muss. Einfach hineinsetzen und treiben lassen.
Das Wasser selbst fühlt sich aufgrund der hohen Salzkonzentration von 33% richtig seifig an. Deshalb ist es wichtig, sich danach unbedingt ausgiebig mit Süßwasser zu duschen. Was kein Problem ist, denn alle paar Meter gibt es hier Duschen am Strand.
Wir fühlen uns gestärkt für eine erneute Besichtigung und schauen uns die Festung Massada an, die von Herodes dem Großen gebaut worden ist. Sie liegt nur wenige Kilometer entfernt, auf einem hohen Hügel. Aufgrund des heißen Wetters fahren wir mit der Seilbahn hinauf und schauen uns den steilen Fußweg, der in der prallen Sonne liegt und unter uns verläuft, lieber aus der Gondel an. Das Herumlaufen in den Ruinen ist anstrengend genug und wir sind froh, dass wir bereits früh am Morgen da sind. Da sind auch noch nicht so viele Touristengruppen unterwegs. Wir sind immer wieder von den Menschenmassen überrascht, denn das hatten wir während des bisherigen Reiseverlaufs einfach nicht.
Masada ist besonders für die Israelis eine wichtige Stätte. Denn als die Römer die Burg belagerten und nach acht Monaten endlich den Durchbruch geschafft hatten, fanden sie dort nur Tote vor. Die Menschen dort hatten lieber den Tod gewählt, als in die Sklaverei zu gehen.
Bereits als wir beim Strand in En Gedi parken, sehen wir eine kleine Herde Steinböcke. Im nahen Naturreservat En Gedi bekommen wir dann außerdem noch Klippschliefer zu sehen. Sie sehen aus wie kleinere Murmeltiere, gehören aber nicht zu dieser Gattung. Wir machen eine Wanderung zum David-Wasserfall und gehen dann ein letztes Mal im Toten Meer baden.
Anschließend fahren wir an diesem Tag noch bis Jerusalem, wo wir einige Tage bleiben.
In allen drei großen Weltreligionen – Judentum, Islam, Christentum – gilt Jerusalem als heilige Stadt. Da ist es kein Wunder, dass jedes Jahr Hunderttausende Pilger aus aller Welt herkommen. Bis mittags geht es ja einigermaßen, aber danach sind so viele Reisegruppen unterwegs, dass wir in den engen Bazargassen oft mitten in einer Gruppe stecken bleiben und uns deren Tempo anpassen müssen. Was bedeutet, dass wir an den unzähligen Läden vorbei schlappen, stehen bleiben, weiter stolpern, wieder stehen bleiben und so weiter und so fort. Das Überholen einer Gruppe ist oft nicht möglich, denn da kommt schließlich eine andere Truppe entgegen, die dicht gedrängt ihrem jeweiligen Führer hinterher stolpert und dessen Erklärungen lauscht.
Für die Christen ist die Grabeskirche einer der heiligsten Orte. Der Besuch dort ist, auch wenn man nicht sehr religiös ist, wirklich ein beeindruckendes Erlebnis. Die Kirche selbst ist ein regelrechtes Labyrinth aus verschiedenen heiligen Stätten, unterirdischen Gruften, kleinen Kapellen, engen Gängen und Treppen.
Gleich sechs Religionsgemeinschaften teilen sich die Kirche. Griechisch-orthodoxen, römisch-katholischen und armenischen Christen sowie Kopten, Syrern und Abessiniern gehört jeweils ein Teil in der Kirche. Doch jedermann kann ungehindert alles in der Kirche besichtigen, was ihn interessiert.
Allen gemeinsam gehören der Salbungsstein im Eingang und das Grab Jesus.
Den Golgotha-Felsen teilen sich griechisch-orthodoxe und römisch-katholische Christen.
Die Klagemauer ist das bedeutendste Heiligtum der Juden.
Hierher kommen die Juden zum Beten und als besonderes Ereignis wird hier auch die Bar Mizwa (Erreichen der Religionsmündigkeit) gefeiert.
Für die Muslime ist der Tempelberg mit dem Felsendom das drittwichtigste Heiligtum – nach Mekka und Medina.
Dieser Schrein wurde über dem heiligen Felsen errichtet, von dem Mohammed aus mit seinem Pferd Al-Burak gen Himmel geritten sein soll.
Wir dürfen das Gebäude nicht betreten, genauso wenig wie die benachbarte Al-Aqsa-Moschee, das ist allein den Muslimen vorbehalten.
Jersualem gefällt uns, es ist schon eine eigenartige Mischung hier. Als wir zum Beispiel vor der Grabeskirche sitzen, hören wir den Ruf des Muezzins, als wir dagegen im muslimischen Viertel unterwegs sind, läuten die Kirchenglocken. Dazu die vielen Menschen unterschiedlicher Nationen und Religionen. Einmal mehr sind wir froh darüber, dass wir uns dafür entschieden haben, nach Israel zu fahren.
Der Stadtkern und besonders die Altstadt mit ihrer Stadtmauer sind übersichtlich und von unserem Stellplatz aus leicht zu Fuß erreichbar. Und das Essen ist auch lecker.
Die berühmten Falafel-Bällchen kennen wir bereits aus Syrien und Jordanien. Ein Stand in der Altstadt wird unser Favorit. Hier bekommen wir sie im Fladenbrot mit Pommes Frites, Salat und frittiertem Blumenkohl.
Für den Besuch Bethlehems nehmen wir einen einheimischen Bus. Es sind zwar nur 10 Kilometer, aber Bethlehem liegt im Westjordanland und steht unter palästinensischer Verwaltung. Bei der Hinfahrt sehen wir dann auf der Autobahn die Abgrenzung zu den israelischen Gebieten.
Die Bevölkerung Bethlehems ist arabisch, allerdings geteilt in Christen und Muslime. Und so sehen wir neben den vielen Minaretten und Moscheen mindestens genauso viele Kirchen.
Hier in Bethlehem steht die Geburtskirche Jesus. Sie wurde an der Stelle errichtet, wo damals angeblich ein Stall stand. Das von außen eher unscheinbare Gebäude betritt man durch eine niedrige, nur 1,20 m hohe sogenannte Demutspforte. Innen geht es dann über eine Treppe hinunter zur Geburtsgrotte und dort ist die Stelle der Geburt Jesu mit einem Silberstern markiert.
Auf der Rückfahrt nach Jerusalem passieren wir wieder die Grenze.
Anders als bei der Herfahrt müssen dieses Mal alle Fahrgäste aussteigen, der Bus selbst sowie die Pässe werden kontrolliert, danach erst geht die Fahrt weiter nach Jerusalem.
Wie anfangs bereits erwähnt, sorgen wir mit unserem Unimog für Aufsehen, haben dadurch viel Kontakt mit den Einheimischen und bekommen öfter eine Einladung. Grillen gehört zu den Lieblingsbeschäftigungen an Feiertagen und Wochenende und am Unabhängigkeitstag werden wir mal wieder eingeladen.
In der Nähe von Haifa, im Gebiet des Karmel-Gebirges treffen wir uns mit einigen Israelis zum Barbecue. Anschließend fährt uns noch jemand in der Gegend herum und überall sehen wir die Leute beim Picknick, einfach so im Wald oder an ausgewiesenen Plätzen.
Die Hafenstadt Haifa schauen wir uns danach auch noch an. Eine Besonderheit sind hier die Bahai-Gärten.
Die Parkanlage wird von Mitgliedern der Bahai-Religionsgruppe extrem sauber und penibel gepflegt, auf freiwilliger Basis und ohne Bezahlung.
In dem Gebäude mit der goldenen Kuppel befindet sich das Grab des Bab, des Propheten der Bahai-Religion. Er wurde 1850 in Täbris/Iran erschossen, seine Überreste wurden von Mitgliedern heimlich außer Landes geschafft und in dem Schrein beerdigt.
Haifa hat schöne, kilometerlange Sandstrände und dort verbringen wir ein paar erholsame Tage.
Anschließend schauen wir uns die Golan-Höhen an. Sie liegen im Norden Israels und sind aus unterschiedlichen Gründen sehr wichtig. Das Hochplateau ist vulkanischen Ursprungs, sehr fruchtbar und deshalb wird hier extensiv Landwirtschaft betrieben. Das ist möglich, weil es hier genügend Wasser gibt bedingt durch den See Genezareth, den Jordan-Fluss sowie Regenfälle und im Winter sogar Schnee.
Die Golan-Höhen wurden von Syrien als militärischer Stützpunkt genutzt, von dem aus immer wieder israelische Gemeinden beschossen wurden. Israel hat das Gebiet während des Sechstagekriegs vom 5. Juni bis zum 10. Juni 1967 besetzt und 1981 annektiert. Seitdem ist es ein Streitpunkt zwischen beiden Ländern und verhindert einen endgültigen Friedensvertrag.
Wir machen eine Rundfahrt um den See Genezareth, schauen uns einige der Kirchen an. Für Pilger aus der ganzen Welt sind sie mindestens so wichtig wie der Besuch Jerusalems.
Um die Golan-Höhen besser kennen zu lernen, lassen wir den Unimog auch mal stehen und fahren bei einer Bekannten im Geländewagen mit.
Mit ihr sind wir auf extrem schmalen, kleinen Straßen unterwegs und erkunden so die Gegend.
Wir sehen viele Panzer, die aus verschiedenen Kriegen stammen und besichtigen ehemalige Bunkeranlagen – sowohl israelische als auch syrische. Wir fahren auf ehemaligen Militärstraßen der Syrer, die deren Bunkeranlagen miteinander verbinden.
Weite Teile der Golan-Höhen sind immer noch vermint und entsprechend gekennzeichnet. Diese Warnungen darf man keinesfalls ignorieren und muss entsprechend vorsichtig sein.
Unsere Zeit in Israel ist fast vorbei. Wir wollen schon ein paar Tage vor der Abfahrt des Schiffes in Ashdod sein. Dort finden wir wieder einmal einen schönen Platz am Strand, wo wir die letzten Tage verbringen.
Auch hier bekommen wir immer wieder Besuch von Leuten, die unseren exotischen Unimog-Camper anschauen. An Kontakten und Gesprächsstoff mangelt es uns nicht. Und obwohl wir uns schon auf die Frachtschiffreise freuen, bedauern wir es, dass wir aus Israel abreisen. Das Land hat uns gut gefallen und die Menschen waren unkompliziert, offen und wir haben uns willkommen gefühlt.