Wir fahren auf der Panamericana auf direktem Weg in die Hauptstadt San José. Dabei überqueren wir einen Pass von 3300 m ü.M. beim Cerro de la Muerte. Wie nicht anders zu erwarten ist es kalt, neblig und feucht. Und der Name “Gipfel des Todes” ist wahrlich eine passende Bezeichnung für die kurvenreiche Strecke. Wir sehen mehrere Unfälle, die die einheimischen Autofahrer allerdings nicht davon abhalten, weiterhin riskante Überholmanöver zu wagen.
In San José angekommen, machen wir uns sofort auf den Weg zur Mercedes-Werkstatt. In Uruca finden wir die Firma Autostar, die dort nach deutschen Maßstäben Mercedes-Pkws, Lkws und Busse repariert. Nach der Schilderung unseres Problems bekommen wir einen Standplatz auf dem großen Werksgelände zugewiesen.
Mit dem Mechaniker Miguel zerlegt Klaus noch am selben Tag das hintere rechte Radvorgelege und nachdem alle Teile vor uns liegen, bestätigt sich die Vermutung, dass das große Zahnrad eingelaufen ist und das große Rollenlager dadurch ebenfalls beschädigt wurde.
Alle anderen Lager sehen noch brauchbar aus, doch wir entscheiden uns, das Radvorgelege komplett zu erneuern.
Alle benötigten Lager und Simmerringe haben wir in unserer großen Ersatzteilkiste dabei, lediglich die beiden Zahnräder (Antriebs- und Abtriebsrad) müssen bestellt werden. Wir benachrichtigen unsere zuverlässige Unimog-Vertretung Wilhelm Mayer in Gersthofen über den Schaden und am Folgetag werden schon die Ersatzteile per Luftfracht nach Costa Rica verschickt. Das Ganze soll in 6 – 8 Tagen ankommen, womit aber Arbeitstage gemeint sind und dazu kommen dann noch zwei Wochenenden. Uns steht also eine längere Wartezeit bevor.
Wir nutzen sie, indem wir noch ein paar kleinere Arbeiten am Unimog erledigen, die wir schon lange vor uns herschieben. Das Beste ist, dass wir während der Wartezeit und der Reparatur im Fahrzeug wohnen und bei Mercedes Dusche, Toilette sowie Internet benutzen können.
Am Montag, dem elften Wartetag, gehen wir zur Hauptpost in Zapote. Mit Klaus’ Namen findet die Dame am Schalter sofort die Nummer des Paketes in ihrem Computer und schickt uns zum Lager. Dort können wir unser 12 Kilo Paket in Empfang nehmen. Zu unserem Erstaunen müssen wir keinen Einfuhrzoll bezahlen. Es fällt lediglich eine Bearbeitungsgebühr von umgerechnet 80 Euro-Cent an.
Zurück bei Mercedes wird alles für den Zusammenbau vorbereitet und am darauf folgenden Tag ist das neue Radvorgelege montiert. Zusammen mit dem Mechaniker machen wir eine Probefahrt und es scheint alles in Ordnung zu sein. Wir verabschieden uns von den Mechanikern und Mitarbeitern, die wir während unseres Aufenthalts kennen gelernt haben und verlassen gut gelaunt die Werkstatt.
An dieser Stelle noch einmal vielen Dank an die Verantwortlichen bei Autostar für den hervorragenden Service, den wir dort bekommen haben.
Jetzt wollen wir uns endlich mal etwas mehr vom Land anschauen als nur die unmittelbare Umgebung der Mercedes-Werkstatt. Den Unimog werden wir auf dem Campingplatz lassen und Ausflüge mit dem Motorrad machen, denn damit kommen wir einfach schneller voran. Vor allem wenn es um die Fahrten zu den Vulkanen in der Umgebung geht. Zum Irazú hinauf führt eine überaus kurvenreiche Straße steil hinauf. Wir sind bereits um halb sieben losgefahren, trotzdem sind wir erst um kurz nach acht Uhr am Eingang des Nationalparks und hinter uns liegen gerade mal 66 Kilometer. Am meisten hat uns der Verkehr um San José herum aufgehalten, als wir immer wieder im Stau gestanden sind.
Die Wolken hängen tief herunter, alles ist feucht, neblig, kalt. Kein Wunder, wir sind schließlich auf 3300 m ü.M. Uns kommen Zweifel, ob wir da irgend etwas sehen können. Beim Nachfragen erklärt man uns im Kassenhäuschen, dass die Sicht hier oben gleich Null sei und es besser wäre, wenn wir gegen Mittag noch einmal herkommen würden. In den letzten Tagen hätte sich gezeigt, dass das Wetter gegen Mittag besser wäre.
Also kehren wir wieder um und fahren zurück nach Cartago. Am großen Platz bei der Basilika setzen wir uns in die Sonne und wärmen uns erst einmal auf. Wir besichtigen die Wallfahrtskirche, deren Innenraum mit viel Holz ausgestattet ist und sehr schön aussieht. Dann essen wir frühzeitig zu Mittag und machen uns noch einmal auf dem Weg zum Vulkan hinauf. Es ist jetzt merklich wärmer, obwohl die Wolken immer noch so tief hängen, dass wir keine Bergspitzen sehen.
Auch jetzt macht uns der Mann im Kassenhäuschen keine großen Hoffnungen, doch ein drittes Mal wollen wir keinesfalls herfahren und wir beschließen, das Risiko einzugehen, dass wir vielleicht nichts sehen werden und fahren hinein. Ein kalter Wind pfeift uns um die Ohren, als wir vom Parkplatz in Richtung Krater gehen. Er treibt ständig Wolkenfetzen herum, dazwischen sehen wir mal mehr mal weniger von der Landschaft. Deshalb sind wir auf den Anblick des smaragdgrün leuchtenden Kratersees überhaupt nicht vorbereitet.
Als wir ankommen, bricht für kurze Zeit die Sonne durch und jeder Lichtstrahl, der den See trifft, lässt ihn durchdringend grün aufleuchten. Ein toller Anblick. Die Sonne schafft es immer nur kurzfristig gegen die Wolkendecke und diese wenigen Augenblicke müssen ausreichen zum Filmen und Fotografieren. Das Ganze wird dadurch zu einer etwas hektischen Angelegenheit. Aber es lohnt sich und als es dann zu regnen beginnt und wir endgültig aufhören müssen, sind wir zufrieden und glücklich, wenigstens den Kratersee gesehen zu haben. Auf einen Ausblick in die Umgebung müssen wir verzichten, den haben uns die dicken Wolken nicht gegönnt.
Die Besichtigung des Vulkan Poás wird ähnlich. Auch hier sind wir bereits wieder früh unterwegs und kommen rechtzeitig um acht am Nationalpark-Eingang an, als gerade aufgesperrt wird. Auch hier hängen die Wolken weit herunter, aber weil wir hier nur auf ca. 2600 m sind, anstatt auf 3300 m wie beim Irazú, ist es viel wärmer. Der Besucherandrang hält sich noch in Grenzen und wir sind eine der ersten, die am Krater ankommen. Statt des erwarteten blauen Sees sehen wir aber nur eine blass-graue Fläche, über die Nebelschwaden hinweg ziehen.
Aus den schwefelhaltigen Schlammlöchern am Grund steigen Dämpfe auf, die wir sogar noch oben am Aussichtspunkt riechen. Auch hier ziehen ständig Nebelschwaden, Dämpfe und Wolken über die gesamte Landschaft und lassen immer nur kurze Ausblicke zu. Wir machen eine Wanderung zum alten Kratersee und als wir wieder zurück kommen und ein letztes Mal in den Hauptkrater blicken, können wir den grauen See kaum noch von den Wolken unterscheiden. Auch hier hatten wir Glück und erwischten gerade mal ein paar der wenigen sonnigen Minuten, um eine wichtige Natur-Sehenswürdigkeit bewundern zu können.
Jetzt fehlt uns zu unserem Glück nur noch der Vulkan Arenal. Er befindet sich nicht in unmittelbarer Nähe der Hauptstadt, sondern liegt am Arenal-See, wohin wir dann wieder mit dem Unimog fahren. Bereits im kleinen Ort Fortuna sehen wir von der Hauptstraße aus den Arenal mit seiner für einen Vulkan typischen Kegelform. Doch von hier aus zeigt er eine grüne, nicht aktive Seite. Nur an der Westseite gibt es die Möglichkeit, dass man die aktive Seite sieht.
Der Arenal gilt als einer der aktivsten Vulkane der Welt, weshalb er nicht bestiegen werden darf. Fast ununterbrochen grummelt er und Lavabrocken rollen hinunter, die man sogar tagsüber sehen kann, wenn der Berg wolkenfrei ist. Doch wie soll es anders sein – als wir ankommen, ist die Spitze von Wolken verhangen und wir sehen gar nichts. Nur ein Grummeln und Brummen ist zu hören. Wir finden einen prima Standplatz, von wo aus wir die Aktivitäten sehen könnten, falls es das Wetter zulassen würde. Tagsüber scheint zwar die Sonne, doch um den Vulkan selbst ziehen ständig Wolken und als es dunkel wird, sehen wir gar nichts mehr. Wir geben die Hoffnung auf und machen es uns im Unimog gemütlich. Selbst hier hören wir noch gedämpft das Poltern des Berges. Das lässt uns keine Ruhe und nach einer Weile schauen wir doch noch einmal hinaus. Gerade rechtzeitig, denn über die Bergspitze verteilt fließt rote Lava und es schießen ein paar kleine rote Fontänen hoch – ähnlich wie bei einem Feuerwerk. Dieser Anblick entschädigt uns natürlich für die ganze Warterei, wenn er auch nicht allzu lange dauert. Nach ein paar Minuten macht uns das Wetter einen Strich durch die Rechnung. Es fängt zu regnen an und hört für den Rest der Nacht nicht mehr auf.
Am nächsten Tag fahren wir ein Stück am See entlang, doch erst gegen Mittag wird das Wetter besser und endlich sehen wir auch einmal den ganzen Vulkan. Bis dahin hat uns immer die Sicht auf das obere Drittel gefehlt. Wir wollen es noch einmal mit der Vulkanbeobachtung versuchen und fahren nachmittags wieder zu unserem Aussichtspunkt. Dieses Mal bleibt der Himmel bedeckt, doch dafür sind die Wolken auch nicht so dicht. Selbst mit bloßem Auge (und erst recht natürlich mit dem Fernglas) sehen wir den ganzen Nachmittag über, wie immer wieder Steine den Abhang hinunterrollen. Sie verursachen das ständige Brummen, das wir hören.
Als es zu dämmern beginnt, sehen wir die Aktivitäten des Vulkans besser. Erst mit dem dunklen Hintergrund erkennen wir, dass die Lavabrocken rot glühen. Durch das Hinunterrollen und Aufspringen versprühen sie Funken, die nachglühen und sehr viel Ähnlichkeit haben mit Feuerwerkskörpern, die vom Himmel fallen. Ein solches Naturschauspiel ist schon etwas Besonderes und wir freuen uns natürlich riesig darüber.
Am nächsten Tag fahren wir weiter zur Halbinsel Nicoya. Dort gibt es ein paar Strände, zu denen Wasserschildkröten zur Eiablage kommen. Die Chancen, eines der Tiere dabei zu sehen, sind momentan sehr gering, erklärt man uns dort. Es kommen vielleicht gerade mal 4 – 5 Tiere pro Nacht und dazu verteilt auf mehrere Kilometer. Dagegen könnten wir jeden Morgen zusehen, wie die Jungen ausschlüpfen und ins Meer kriechen.
Bei einem Strandspaziergang treffen wir auf Wissenschaftler, die hier am Strand eine Forschungsstation haben. Täglich buddeln sie an verschiedenen Stellen des Strandes nach Nestern und zählen die abgelegten Eier. Es wird unterschieden zwischen befruchteten, nicht befruchteten und solchen, in denen die Embryos abgestorben sind. Die befruchteten Eier kommen zurück in den Sand, der Rest wird den Rabengeiern vorgeworfen, die dieses Ritual schon kennen und sich jedes Mal auf die Eier stürzen. Auch sonst sind diese Vögel überall am Strand anzutreffen und plündern alles, was sich ergibt.
Am nächsten Morgen sind wir bereits mit dem ersten Dämmerlicht um kurz nach fünf Uhr am Strand und tatsächlich sehen wir, wie an mehreren Stellen gleichzeitig die jungen Schildkröten zum Meer krabbeln. Auch die Bewohner des kleinen Ortes sind schon auf den Beinen und vertreiben immer wieder die Rabengeier, die sich gierig auf jedes der kleinen Tierchen stürzen, sobald sich nur eine Gelegenheit dazu bietet. Auch Hunde und Störche machen vor der allzu leichten Beute nicht Halt. Einer der Wissenschaftler hat uns erklärt, dass seit 25 Jahren dort geforscht wird und dass man dabei festgestellt hat, dass von den gelegten Eier gerade mal 10 Prozent überleben. Denn die Jungtiere sind ja nicht sicher, nur weil sie das Wasser erreichen. Schließlich warten dort ebenfalls Jäger auf sie.
Auch am folgenden Tag schauen wir uns dieses Ereignis noch einmal an. Es ist schon eine erstaunliche Leistung, wie die kleinen Schildkröten, die kaum handtellergroß sind, den langen Weg ins Meer schaffen.
Nach einem letzten Stopp an einem anderen Strand machen wir uns auf den Weg nach Norden, für uns geht es nun nach Nicaragua.