Die pakistanischen Beamten warten schon auf uns, weisen uns sofort einen Parkplatz zu und begleiten uns in einen kleinen Raum. Auch hier werden unsere Pässe wieder sorgfältig in ein großes Buch eingetragen. Zum Zoll müssen wir gut eineinhalb Kilometer weiter. Ein Helfer will uns den Weg zeigen und im Auto mitfahren. Er öffnet dazu die Beifahrertür, stellt sich aufs Trittbrett und wir fahren los. Es geht eine staubige Piste entlang und bereits von weitem erkennen wir ein paar kleine Lastwagen, die uns in rasantem Tempo entgegenkommen. Noch dazu direkt auf unserer Spur. Es dauert ein paar Sekunden bis wir begreifen, warum. Ab Pakistan herrscht Linksverkehr und wir fahren auf der falschen Seite!
Sonja ruft „Links fahren“ und Klaus kann noch rechtzeitig hinüberziehen. Der entgegenkommende Fahrer hatte ebenfalls schon zu einem Ausweichmanöver in diese Spur angesetzt, merkt aber, dass wir seine Spur freimachen und fährt wieder auf diese Seite zurück.
Auf der nun richtigen, nämlich linken Seite fahren wir weiter zum Zollgebäude. Wir sind die einzigen Touristen die auf die Abfertigung warten. Die Beamten sind alle freundlich und nett. Sie schauen sich kurz im Wohnaufbau um, während Sonja mit Chicco eine Runde geht. Dann vergleichen sie die Angaben im Carnet mit der Fahrgestell- und der Motornummer. Zum Schluss bekommen wir alle erforderlichen Stempel und können weiterfahren.
Von den vor uns liegenden gut 600 Kilometern bis zur ersten Stadt in Pakistan haben wir schon unterschiedliche Sachen gehört. Allen gemeinsam jedoch war, dass man keinesfalls irgendwo frei übernachten soll auf der Strecke. In Belutschistan, so heißt der Landesteil in dem Dreiländereck zwischen Pakistan, Afghanistan und Iran sollen nämlich Drogenschmuggel, Waffenschieberei und der illegale Grenzverkehr zwischen den drei Ländern die Haupteinnahmequelle sein.
An einem Tag können wir eine solche Entfernung sowieso nicht schaffen. Wir fahren nur mehr bis zum ersten Ort, der 120 Kilometer entfernt ist. Dort gibt es ein staatliches Rasthaus, in dessen Garten wir übernachten können.
Wie auch bei der Weiterfahrt nach einer Pause am gestrigen Tag, ist Klaus im ersten Moment dabei, auf die rechte Seite der Fahrbahn zu fahren. Bis das Linksfahren in Fleisch und Blut übergeht, wird es wohl noch ein paar Tage dauern. Das größte Problem dabei ist, dass kaum Verkehr herrscht und es uns deshalb nicht sofort auffällt.
Wir kommen weiterhin gut voran, die Straße ist neu und hervorragend ausgebaut. Erst hinter Dalbandin ist damit Schluss. Weiter sind die Bauarbeiten noch nicht vorangekommen. Die Straße, oder besser gesagt das schmale, gerade mal einspurige Asphaltband, ist so schlecht, dass wir oft auf Pisten daneben fahren. Wenn das nicht möglich ist, holpern wir auf dem übriggebliebenen Teerrest dahin. An ein Erreichen von Quetta an dem Tag ist nicht zu denken. Kurz vor Einbruch der Dunkelheit geben wir auf. Es sind vielleicht noch 50 Kilometer, doch dann kommen wir im Dunkeln in eine Stadt, die wir nicht kennen. So fragen wir bei einem Militärposten nach, ob wir die Nacht bei ihnen verbringen dürfen, was uns ohne weiteres erlaubt wird. Die Männer bringen uns zwei Stühle zum Ausruhen und wir bekommen sofort Tee serviert. Dafür revanchieren wir uns mit Keksen. Danach verschwinden wir im Auto, wo wir eine ruhige Nacht verbringen.
Nach zwei Stunden Fahrt erreichen wir am nächsten Tag das Lourdes Hotel in Quetta. Schon seit vielen Jahren ist das Hotel ein bekannter und beliebter Übernachtungsplatz. Es hat einen großen Garten mit altem Baumbestand, in dem man campen kann. Wir fühlen uns sofort wohl hier. Obwohl es zu Fuß nicht weit in die Innenstadt ist, ist hier von dem Lärm und der Hektik in der Stadt nichts zu merken. Außerdem hat das Hotel den Vorteil, dass es gleich gegenüber vom „China Cafe“ ist, einem guten chinesischen Restaurant. Es wird unser Stammlokal während unseres Aufenthalts. Wir gehen entweder am Abend zum Essen hin oder wir holen uns was herüber.
Für Pakistan brauchen wir wieder eine Autoversicherung. Nicht weit vom Hotel entfernt finden wir das Versicherungsgebäude. Die Männer dort wissen Bescheid mit Touristen und es dauert nicht lange, bis wir unsere Police haben. Für umgerechnet ca. 33,- DM sind wir in den kommenden drei Wochen versichert. Sollten wir einen Unfall verursachen, kommt die Versicherung für die Kosten des Geschädigten auf. Unseren Schaden müssten wir selbst bezahlen. Damit haben wir das einzig wichtige für uns in der Stadt erledigt und können in Ruhe durch die Straßen und Gassen bummeln.
Quetta, die Hauptstadt Belutschistans, ist erst einmal gewöhnungsbedürftig. Es herrscht ein chaotischer Verkehr, die Busse fahren selbst durch die schmalen Gassen im rasanten Tempo. Die Luft ist von Motorabgasen verpestet, die Straßen sind dreckig, alles Sachen, die wir vom Iran her nicht kennen. Trotzdem fasziniert uns die Stadt, bietet sie doch einen Vorgeschmack dessen, was bei der Weiterreise mit Sicherheit noch auf uns zukommen wird.
Wir sind immer wieder in den Bazarvierteln unterwegs und entdecken jeden Tag neue Sachen. Die Bevölkerung gehört offensichtlich den verschiedensten Nationen an. Eigentlich sind die Hauptbevölkerungsgruppe die Baluchies und die Patanen. Wir sehen aber auch viele schlitzäugige Bewohner, angeblich aus Usbekistan sowie Männer, die sich als Afghanen oder Iraner zu erkennen geben. Besonders gefallen uns die Männer, die sich den Bart oder die Kopfhaare mit Henna rot gefärbt haben. Warum sie das machen, müssen wir noch herausfinden.
Von den Frauen sehen wir nicht sehr viel. Belutschistan ist streng muslemisch und wenn die Frauen überhaupt aus dem Haus gehen, sind sie oft verschleiert. Die meisten treffen wir in der Bazargegend, wo es Stoffe und Haushaltswaren gibt.
Für Sonja ist es aber auch kein Problem, wenn wir in Gegenden unterwegs sind, wo nur Männer zu sehen sind. Die Leute starren uns zwar an, aber niemand ist aufdringlich, alle sind immer freundlich und höflich.
Bei der Weiterfahrt lassen wir gleich außerhalb Quettas unser Auto waschen. Wir wollen eigentlich nur, dass jemand kurz den gröbsten Dreck abspritzt. Doch wir haben nicht mit dem Ehrgeiz der Autoputzer gerechnet. Für umgerechnet 6,- DM putzen, waschen und wienern sie in allen Ecken und an allen möglichen Stellen. Wir wollen endlich weiter und rufen mehrmals Stop, doch mit einem Grinsen und einer Haschischzigarette im Mundwinkel winken sie ab. Erst nach zwei Stunden sind sie endlich zum Aufhören zu bewegen.
Mit einem strahlend glänzenden Unimog geht es über den fast 100 Kilometer langen Bolanpass hinunter in das Indus-Tal. Er führt durch hoch aufragende Berge und war Jahrhunderte lang die einzige Verbindung zwischen dem Indus-Tal und Quetta.
Bei der Fahrt durch die Berge war es noch recht einsam, doch im Tal nimmt die Bebauung zu. Für uns bedeutet das wieder einmal, dass wir nicht frei übernachten können, sondern uns irgendeine Tankstelle suchen müssen. Außerdem wird die Straße immer schlechter und führt mitten durch jeden Ort.
Erst bei Sukkur treffen wir auf eine hervorragende Straße, doch die Freude währt nur ein paar Kilometer. Der Ausbau der Straße von Sukkur nach Multan ist in vollem Gang und wir sehen drei Tage lang die unterschiedlichsten Stadien des Ausbaus. Einmal holpern wir stundenlang im Schrittempo über eine löchrige, staubige Piste. Dann wieder teilen wir uns eine Fahrspur mit dem entgegenkommenden Verkehr. In den Ortschaften herrscht sowieso ein völliges Chaos, weil dann auch noch Unmengen von Fußgängern unterwegs sind. Und haben wir wirklich mal eine Fahrbahn zum Fahren, dann kommen wir an den Lkws nicht vorbei, die immer nur 30 – 40 km/h fahren. Das liegt zum Teil daran, dass sie schon so alt sind, es handelt sich nämlich um Bedford-Lkws aus den 50er und 60er Jahren. Außerdem werden sie bis zum geht nicht mehr beladen. Die einzigen, die immer in einem irrsinnigen Tempo durch die Gegend rasen, sind die Busfahrer. Sie nutzen jede kleinste Lücke zum Überholen und scheren rücksichtslos wieder ein, sobald Gegenverkehr kommt. Wir wundern uns, dass wir nie einen Unfall sehen.
Die Fahrerei zerrt an unseren Nerven. Erstens schaffen wir gerade mal zwischen 200 und 250 Kilometer am Tag, auch wenn wir 8 – 9 Stunden unterwegs sind. Zweitens können wir nachts nicht durchschlafen. Zu den Tankstellen gehört immer auch eine Moschee und da ruft der Muezzin bereits eine Stunde vor Sonnenaufgang die Gläubigen zum Gebet auf. Davon werden wir natürlich wach, denn er ruft ziemlich laut. Das Übernachten an den Tankstellen ist aber die einzige Möglichkeit, denn sonst ist ein Wegkommen von der Straße nicht möglich.
Wir sind froh, als wir am fünften Tag unserer Abfahrt aus Quetta endlich die einzige Autobahn des Landes erreichen. Sie führt von Lahore nach Islamabad, ist sechsspurig ausgebaut und hat riesige Tank- und Rastanlagen, wo wir endlich eine ruhige Nacht verbringen. Auf der Autobahn ist kaum etwas los. Nur gelegentlich sehen wir ein Fahrzeug. Das liegt wahrscheinlich daran, dass sie gebührenpflichtig ist. Außerdem ist sie für Motorräder gesperrt.
Die restlichen 200 Kilometer bis Islamabad sind am nächsten Tag schnell gefahren und mittags sind wir bereits auf dem bekannten Campingplatz „Rose und Jasmine Garden“. Hier treffen wir auf etliche Reisende, die mit Motorrädern und Autos oder als Rucksackreisende in Asien unterwegs sind. Der Campingplatz hat seinen Namen „Rose + Jasmine Garden“ von dem Park, neben dem er liegt. Der Park bietet uns gute Spaziermöglichkeiten, bei denen Chicco wieder einmal richtig Auslauf bekommt. Auch sonst gibt es in der Stadt viel Grün, was wir besonders gut sehen als wir zu einem Aussichtspunkt hochfahren. Islamabad ist eine relativ junge Stadt. Erst Mitte der sechziger Jahre wurde sie zur Hauptstadt Pakistans. Sie ist eine typische „Reißbrettstadt“. Alle Straßen verlaufen geradlinig, kreuzen sich im rechten Winkel und teilen die Stadt dadurch in viele kleine Bezirke, die alphabetisch und numerisch geordnet sind. Man findet sich leicht zurecht, das sonst übliche Chaos pakistanischer Städte fehlt, weil das Verkehrsaufkommen relativ gering ist. Deshalb fahren wir zum ersten Mal seit Griechenland wieder mit unserem Moped herum.
Wir haben einen Aufenthalt von gut einer Woche geplant, weil wir uns die Visa für Indien und Nepal besorgen wollen. Deshalb, so denken wir, ist die Gelegenheit günstig, uns gleich noch ein Paket von daheim schicken zu lassen. Seit Quetta verlieren wir wiederholt Luft am Druckminderventil. Es handelt sich um ein spezielles Teil am Unimog, für das wir in Pakistan keinen Ersatz finden. Wir haben deshalb bereits von Quetta aus ein e-mail nach Deutschland geschickt, damit die Sachen alle vorbereitet werden. In Islamabad nun wollen wir uns bei einem Kurierdienst erkundigen, wie lange wir auf ein Paket warten müssen.
Auch einige der Motorradfahrer warten auf Pakete und zeigen uns, dass sich das Büro von DHL nicht weit vom Campingplatz entfernt befindet. Es ist Sonntags geöffnet und als wir am Nachmittag dort nachfragen wird uns gesagt, es würde 3 Tage dauern bis das Paket von Deutschland nach Karachi, dem Ankunftshafen in Pakistan käme. Dann begutachtet der Zoll alles, das wären noch einmal 2 – 3 Tage. Sobald es dort fertig sei, käme es über Nacht nach Islamabad. Die Laufzeit klingt nicht schlecht und würde uns gut passen.
Zurück auf dem Campingplatz haben wir Zeit für ausführlichere Gespräche mit den Motorradfahrern. Dabei stellt sich heraus, dass das mit dem Zoll in Karachi vielleicht doch nicht so ganz einfach ist und auch länger dauern kann. Denn es wird Einfuhrzoll erhoben und die Beträge, so scheint es, unterliegen keinen Richtlinien, auch wenn im DHL-Büro etwas anderes berichtet wird. Und mit 2 – 3 Tagen sei es schon gar nicht abgetan, sondern es könnte schon länger dauern. Das verunsichert uns zwar, doch weil wir nicht wissen, wohin wir das Ersatzteil sonst schicken lassen könnten, beschließen wir, dass wir es wagen wollen.
Am Montag geben wir daheim Bescheid und am Dienstag geht das Paket raus. Am Freitag, drei Tage später, so erfahren wir, ist es bereits in Karachi. Wir müssen eine Passkopie abgeben, ein Papier unterzeichnen und sollen in ein paar Tagen wieder kommen. Am Sonntag fragen wir nach und da heißt es zuerst, unser Paket wäre da. Als der Angestellte wiederkommt, hat er jedoch nichts dabei außer seinem Kollegen. Und der meint, nicht das Paket, sondern Papiere wären da, die wir unterzeichnen müssten. Sie seien jedoch bei jemandem im Schreibtisch eingeschlossen. Wären wir am Samstag gekommen, hätten wir das machen können. Nun sollen wir montags wieder kommen.
Am Montag wird uns gesagt, es gäbe keine Papiere, das wäre ein Irrtum gewesen, aber das Paket wäre im Zoll. Am Dienstag erklärt uns der Angestellte nach einem Blick in seinen Computer lapidar, das Paket sei immer noch beim Zoll, nun den vierten Tag. Am Mittwoch, als wir noch immer nichts bekommen außer der Auskunft, dass das Paket beim Zoll liegt und niemand weiß, wie lange es noch dauern wird, werden wir ziemlich wütend. Zufällig kommt gerade der Leiter des Büros dazu und wir erzählen ihm, wie wir seit Tagen hingehalten werden, ohne dass ein Engagement seiner Mitarbeiter zu erkennen sei. Er lässt sich alles schildern und ruft dann irgend jemanden in Karachi an. Wir müssen noch einmal einen Brief unterzeichnen, den er für uns aufsetzen lässt, geben noch einmal eine Passkopie ab und er verspricht uns, dass alles sofort nach Karachi gefaxt wird. Angeblich soll dann der Zoll am nächsten Tag erledigt sein.
Am Donnerstag gehen wir nicht ins Büro, erst wieder am Freitag morgen. Und unser Paket ist da. Sieben Tage sind seit seiner Ankunft in Karachi vergangen. Und wer weiß, wie viele es noch geworden wären, hätten wir nicht mit dem Manager gesprochen. Dass wir nicht die einzigen mit diesem Problem sind, hat sich in der Zwischenzeit herausgestellt. Manche der Leute auf dem Campingplatz haben ebenfalls so lange, zum Teil sogar noch länger gewartet. Die Wartezeit an sich war auch nicht das Problem. Uns hat es viel mehr geärgert, dass wir immer wieder unterschiedliche Auskünfte bekommen haben und es nicht ersichtlich war, dass sich jemand bei den Leuten am Schalter von DHL um eine zügigere Abwicklung bemüht oder deswegen einmal telefoniert hätte. Dabei hängen überall im Büro ihre Werbesprüche, mit denen sie ihren Service hochloben. Für uns ist es unverständlich, wie eine weltweit tätige Firma solches Personal beschäftigen kann.
Während wir warten, wird es uns keinesfalls langweilig. Es gibt genügend andere Sachen zu erledigen. Als erstes beantragen wir an einem Montagmorgen ein Indien-Visum. Das dauert von der Antragstellung bis zur Erteilung fünf Tage und kostet pro Person 88,– DM. Es gilt sofort ab Ausstellung für 6 Monate. Glücklicherweise müssen wir mit dem Antrag noch nicht den Pass abgeben, das machen wir erst am Freitag. Da bezahlen wir morgens die Gebühr, geben den Pass ab und können am Spätnachmittag den Pass mit Visa wieder abholen.
So können wir in der Zwischenzeit noch andere Sachen erledigen. Erst einmal die Nepal-Visa holen. Die Nepalesen arbeiten etwas schneller und deshalb bekommen wir die Visa bereits am Tag nach der Antragstellung ausgehändigt. Sie kosten pro Person 68,– DM, wir müssen innerhalb von 6 Monaten einreisen und haben dann 2 Monate Aufenthalt.
Damit haben wir rechtzeitig unseren Pass wieder, um auf die australische Botschaft zu gehen. Hier wollen wir allerdings kein Visum beantragen. Jeden Donnerstag Abend gibt es im „Club“ bei der Botschaft einen Grillabend. Dort kann jeder Ausländer zum Essen hingehen. Ein paar der Reisenden, die schon länger auf dem Campingplatz waren, hatten das schon einmal mitgemacht und davon geschwärmt. Es geht nicht nur um das Essen, sondern vor allem um das Bier, das es dort gibt. Pakistan ist bekanntlich streng muslimisch und Alkohol ist verboten. Genauso wie im Iran. Deshalb haben die meisten Traveller schon seit Wochen nichts Alkoholisches mehr getrunken.
Auch wenn wir fast kein Bier trinken, bekommen wir paradoxerweise gerade dann Appetit darauf, als es verboten ist. Deshalb wollen auch wir uns die Gelegenheit nicht entgehen lassen, wieder mal ein Glas Bier zu trinken. So marschieren wir am Donnerstag in einem Pulk von 21 Leuten über die Straße, um mit Taxis zur Botschaft zu fahren. Passenderweise treffen wir einen kleinen Taxi-Bus, der uns alle hinfahren will. Es dauert eine Weile, um alle 21 Personen in dem Bus zu verstauen, der eigentlich nur für die Hälfte an Fahrgästen gemacht ist. Doch wir wollen den Einheimischen Konkurrenz machen, die ebenfalls in meist hoffnungslos überfüllten Fahrzeugen unterwegs sind. Und mit etwas gutem Willen schaffen wir es tatsächlich, alle unterzubringen.
Die australische Botschaft liegt am Ende des Diplomatenviertels, in dem die meisten ausländischen Vertretungen untergebracht sind. Am Eingang zum “Club“ achtet ein Angestellter darauf, dass jeder seinen Pass dabei hat und seine Personalien in ein Buch einträgt. Weil wir schon vor 19.00 Uhr da sind, müssen wir noch etwas warten. Erst dann bekommt man Bier und sonstigen Alkohol ausgeschenkt.
Essen gibt es bald danach. Das Fleisch wird direkt auf der Terrasse gegrillt, Gemüse und andere Beilagen gibt es bereits fertig am Büffet. Und das alles zu vernünftigen Preisen. Das ist gerade beim Fleisch erstaunlich, denn wir erfahren, dass die Steaks direkt aus Australien eingeflogen werden. Auch das Bier ist australisch und schmeckt uns allen. Außer den Travellern vom Campingplatz kommen auch noch etliche Ausländer, die in anderen Botschaften oder ausländischen Firmen arbeiten. Der Grillabend ist leider viel zu kurz. Um 22.00 Uhr ruft der Barkeeper die letzte Runde aus und eine halbe Stunde später wird das Licht ausgemacht. Jetzt heißt es für uns, eine Mitfahrgelegenheit in die Stadt zu finden, denn hier draußen fahren um diese Zeit keine Taxis mehr. Dieses Mal teilen wir uns in verschiedene Gruppen auf und werden freundlicherweise von anderen Gästen mitgenommen.
Als wir auf den Campingplatz zurückkommen brennt bereits ein Lagerfeuer. Jeden Abend trifft sich ein Teil der Leute hier zum Unterhalten. Es handelt sich dabei um eine bunte Mischung aller möglichen Nationen: Österreicher, Holländer, Franzosen, Schweizer, Dänen, Schwedinnen, Australier, Slowenen, Japaner, einen Iren und jede Menge Deutsche. Wir haben seit Wochen nicht mehr so viele Leute getroffen und freuen uns über die Abwechslung. Vor allem weil eine ausgesprochen harmonische Stimmung auf dem Platz herrscht. Man hilft sich gegenseitig bei Reparatur- und Wartungsarbeiten an den Fahrzeugen und jeder gibt seine Infos und sein Wissen weiter. So erfahren wir
Außerdem ist ein Teil der Motorradfahrer bereits im Norden Pakistan unterwegs gewesen, auf dem Karakorum-Highway bis zur pakistanisch-chinesischen Grenze. Wir lassen uns Infos darüber geben, denn im Frühjahr wollen wir auch dahin. Jetzt ist es schon zu spät. Ein paar Motorradfahrer wurden bereits eingeschneit und mussten ihre Motorräder auf Lkw’s verladen. Auch auf dem Campingplatz merken wir in den zwei Wochen, die wir dort verbringen, dass es nachts fast täglich kälter wird. Haben wir am Anfang morgens noch 10°C draußen, so liegt an den letzten beiden Morgen bereits Rauhreif auf der Wiese. Für uns im Auto ist das nicht weiter schlimm, doch für diejenigen im Zelt wird es ziemlich kalt. Erschwerend kommt hinzu, dass es auf dem Campingplatz nur kaltes Wasser gibt – bei einem Preis von 2,– DM pro Person für eine Übernachtung vielleicht verständlich. Doch selbst wenn tagsüber die Sonne scheint, wird es nicht heiß. Da kostet es sicher einige Überwindung, sich unter eine Dusche zu stellen, die nach Aussagen der anderen nicht nur kalt, sondern eisig ist. Wir duschen deshalb im Unimog – warm natürlich.
Weil in Islamabad die Länder eine Vertretung haben, durch die wir im Frühjahr und Sommer weiterreisen wollen, erkundigen wir uns nach den Einreisebestimmungen. Bei der turkmenischen Botschaft bekommen wir zu hören, dass eine Einladung Voraussetzung für ein Visum ist. Einladungen könnten zum Beispiel auch Reisebüros aussprechen, doch der Beamte meint, dass seines Wissens nach für dieses Jahr kein Reisebüro in Pakistan eine Lizenz dazu hätte. Woher wir sie sonst bekommen, wenn wir im Land niemanden kennen, weiß er auch nicht oder will er uns nicht sagen. Das können wir nicht erkennen.
Der Beamte bei der usbekischen Botschaft ist recht nett und hilfsbereit. Hier dürften wir ein Visum bekommen. Bei der kasachischen Botschaft ist es das gleiche wie bei der turkmenischen, auch hier ist eine Einladung Voraussetzung für die Visumerteilung. Das klingt im Moment nicht gerade sehr ermutigend und wir wollen uns erst einmal überlegen, wie wir das Ganze am besten organisieren können. Eigentlich hätten wir es gerne vermieden, nach Delhi/Indien zu fahren. Doch vielleicht bleibt uns nichts anderes übrig, als dort noch einmal nachzufragen.
Als wir an dem Tag zurückkommen, sehen wir bereits von außen, dass ein Team mit Kamera im Campingplatz unterwegs ist und mehrere Reisende interviewt werden. Wir gehen erst einmal mit Chicco spazieren. Als wir wiederkommen und uns fertig machen, um noch ins Internet-Cafe zu fahren, ist das Team auch bei uns da und fragt, ob wir ein paar Fragen beantworten würden. Es geht darum, inwieweit wir Touristenbüros hilfreich finden, ob wir schon im Norden waren und was an der Werbung noch verbessert werden soll, damit mehr Touristen nach Pakistan kommen. Klaus antwortet, dass es sicher gut ist, wenn es Touristenbüros gibt, schließlich sei man als Fremder auf deren Hilfe angewiesen.
Im Norden waren wir noch nicht, dazu können wir nichts sagen und wie Pakistan seine Werbung organisieren soll, wissen wir auch nicht. Am Abend beim Lagerfeuer ist das Auftauchen der Fernsehleute natürlich ebenfalls ein Thema. Wir wissen nicht, was die anderen so gefragt wurden, doch es stellt sich heraus, dass es so ziemlich immer die gleichen Fragen waren. Auffällig wäre auch gewesen, dass die Interviewerin bevorzugt Frauen gefragt hätte. Deshalb hat Ken, ein Australier, gefragt, ob er auch einen Kommentar abgeben dürfte. Das wurde ihm selbstverständlich gestattet. Dabei ging es ihm um ein Thema, das uns allen während unseres Pakistan-Aufenthalts unangenehm aufgestoßen ist. Es geht um die ganzen Fäkalien, die die Einheimischen mit einer Selbstverständlichkeit hinterlassen, sobald sie das Bedürfnis dazu haben. Selbst den mit Bäumen bestandenen Grünstreifen, der die Fahrbahnen voneinander trennt und durch den wir vom Campingplatz aus hinüber in das Bazarviertel gehen, können wir nur auf einem Trampelpfad durchqueren. Jedes Abweichen davon würde Spuren an den Schuhen hinterlassen. Die Dame vom Fernsehen hat anscheinend die englischen Ausdrücke nicht ganz verstanden, als sich Ken etwas vornehm dazu äußerte. So musste er ihr ziemlich deutlich sagen, worum es ging. Für Touristen sei es nun mal nicht gerade einladend, wenn hinter jedem Baum und Strauch die Einheimischen sitzen und ihre Bedürfnisse erledigen. Weder Anblick noch Geruch würden dazu beitragen, einen guten Eindruck bei Besuchern zu hinterlassen. Sobald man die Grenze zu Pakistan überschreitet, ist die Handhabung der „öffentlichen Toiletten“ so auffällig, dass man gar nicht daran vorbeisehen kann. Wir hätten natürlich alle zu gern gewusst, ob so etwas gesendet wird. Doch keiner kann es sich recht vorstellen. Leider war auch der angegebene Sendetermin – Montagmorgen zwischen sieben und acht Uhr – zu einer Zeit, wo wir keine Möglichkeit haben, vielleicht in einem Lokal einen Fernseher zu finden. So müssen wir uns damit zufrieden geben, dass die Sache wenigstens einmal Einheimischen gegenüber zur Sprache gekommen ist.
Abgesehen von dem Ärger mit DHL verleben wir eine sehr angenehme Zeit in Islamabad. Trotzdem wird es Zeit zum Weiterfahren, nachdem wir das Paket haben. Unsere Autoversicherung läuft nämlich ab und nur wenige Tage später unser Visum. Außerdem leert sich der Campingplatz fast täglich. Auch von den anderen sind schon viele abgefahren, nachdem ihre Pakete eingetroffen sind oder sie ebenfalls ihre Visa bekommen haben.
Über die Autobahn fahren wir bis kurz vor Lahore und übernachten dort. Am nächsten Vormittag sind wir dann an der Grenze Pakistan – Indien. Vor uns ist gerade ein englisches Paar abgefertigt worden. Sonst ist niemand da. Damit geht die Ausreise aus Pakistan sehr schnell. Gerade als wir beim Erledigen der Papiere sind, treffen einige der Motorradfahrer aus Islamabad ein. Auch bei ihnen geht es recht schnell und an der indischen Grenzstation treffen wir wieder zusammen.