Auf der iranischen Seite dauert es eine Stunde, hier müssen wir auch zu mehreren Stellen. Erst zur Immigration, dann trägt jemand Carnet und Paß von Klaus in ein dünnes Heft ein. Im nächsten Gebäude trägt wieder jemand die gleichen Daten in ein großes Buch ein.
Dann fahren wir zum Zoll, wo sich vier verschiedene Männer um uns kümmern. Der erste schreibt etwas auf die Rückseite des Carnet-Blattes, der zweite kontrolliert die Fahrgestell-Nummer, der dritte füllt einen Zettel mit den Daten aus, den wir beim vierten abgeben. Er füllt das Carnet aus, gibt uns den Zettel zurück und wir können zum Ausgang vom Zollhof fahren. Da gibt Klaus den Zettel ab und wir sind fertig.
In der Grenzstadt Mirjaveh finden wir das Versicherungsbüro und schließen die erforderliche Versicherung ab. Wir haben noch Geld von unserem Aufenthalt im Oktober und tanken erst einmal voll. Der Preis hat sich von 110 auf 120 Rial pro Liter erhöht. Umgerechnet sind das für uns anstatt 3,8 Pfennig damals jetzt so ziemlich genau 4 Pfennig pro Liter.
Unser erstes Ziel im Iran ist das Wüstenstädtchen Bam. An dessen Ortsrand liegt die alte Arg-e Bam. Diese ehemalige Stadt wurde wahrscheinlich schon irgendwann im 3. – 7. Jahrhundert n.Chr. gegründet. Sie wurde mehrmals angegriffen und zerstört. Die heute erhaltenen Bauten aus Lehmziegeln stammen aus dem 17./18. Jahrhundert.
Wir treffen Rosi und Mike wieder, die auf Motorrädern unterwegs sind. Wir kennen sie schon aus Islamabad und sind bereits in Quetta mit ihnen unterwegs gewesen. Gemeinsam besichtigen wir die Arg-e Bam.
Eine massive, hohe Mauer umgibt das gesamte Areal, der einzige Zugang ist das Südtor. Von dem ehemals vollständig gedeckten Bazar sind nur noch Teile erhalten. Wir gehen durch die Gassen zur Zitadelle, die etwas erhöht in der Nord-Ost-Ecke der Anlage liegt. Im Eingangstor zur Zitadelle wurde ein Teehaus eingerichtet, in dem wir erst einmal Tee trinken. Dann gehen wir zur Burg hoch. Sie ist noch relativ gut erhalten. Hier lagen früher die Regierungsgebäude und der Wohnpalast des Gouverneurs. Von oben haben wir eine gute Aussicht auf die alte Stadt, Bam und Umgebung sowie die Palmengärten, die den neuen Ort umgeben.
Zum Abendessen treffen wir uns im Innenhof von Akbars Gästehaus, in dem Rosi und Mike abgestiegen sind und vor dem wir auf der Straße parken und übernachten. Für Sonja und Rosi ist es der einzige Ort, an dem sie sich ohne Kopftuch und im kurzärmligen T-Shirt aufhalten können. Bei den heißen Temperaturen fühlen sie sich aufgrund der Bekleidungsvorschriften den Männern gegenüber im Nachteil. Diese können auch auf der Straße im T-Shirt herumlaufen. Sonja und Rosi haben sich deshalb in Pakistan extra noch dünne, langärmlige Hemden nähen lassen, doch das Kopftuch ist in der Hitze nicht immer leicht zu ertragen.
Bei der Weiterfahrt wird das Klima bald erträglicher. Wir kommen höher hinauf und fahren immer weiter Richtung Norden. Die Temperaturen tagsüber liegen nur mehr zwischen 30 und 40 Grad, nachts kühlt es auf 20 Grad ab.
In Yazd schauen wir uns die Türme des Schweigens an. Auf zwei sich gegenüberliegenden Hügeln am Stadtrand liegen zwei Bestattungstürme der Zoroastrier. Feuer, Erde, Wasser und Luft werden im Zoroastrismus als heilig angesehen und müssen vor Verunreinigungen geschützt werden. Deshalb wurden die Toten in den Türmen ausgesetzt, damit die Geier das Fleisch von den Knochen der Toten nagen konnten. Anschließend hat man die Knochen mit Wachs behandelt und in kleinen Felsenhöhlen beigesetzt. Seit 1970 dürfen die Zoroastrier aus hygienischen Gründen diesen Brauch nicht mehr durchführen. Neben den Türmen liegt nun der neue Friedhof, den wir uns auch anschauen. Damit die Erde durch die Toten nicht verunreinigt wird, werden die Leichen jetzt in Betonwannen beigesetzt.
In Isfahan verbringen wir noch einmal zwei Tage. Auch beim zweiten Mal fühlen wir uns dort sehr wohl und genießen die Ausstrahlung der Stadt. Wir bummeln durch den Bazar, trinken Tee im Garten des Abbasi-Hotels und schauen den iranischen Familien beim Freitags-Picknick im Park zu.
Letzte Station im Iran ist für uns eine Fahrt ans Kaspische Meer. Wir umgehen Teheran und fahren durch das Elburz-Gebirge. Die Straße windet sich kurvenreich hinauf, gesäumt von vielen Restaurants, Ausflugs-Lokalen und Picknickplätzen. Nachdem wir in Isfahan gesehen haben, wie am Wochenende der Park bevölkert war, können wir uns lebhaft vorstellen, wie es hier an einem Freitag zugehen wird. In 3000 m Höhe überqueren wir einen Paß, danach führt die Straße wieder hinunter. Es ist gerade Kirschenzeit und wir kaufen uns auch welche an einem der vielen Obststände. Die Vegetation ist hier viel dichter und grüner als auf der anderen Seite des Passes. Obwohl wir bis auf Meereshöhe herunterfahren, wird es angenehmer und kühler.
In Chalous kommen wir an das Kaspische Meer. Es ist das größte Binnenmeer der Erde. An der Küstenstraße fahren wir daran entlang. Die Orte folgen so dicht aufeinander, dass wir nur an den Ortsschildern merken, wann wir einen verlassen und wann ein neuer beginnt. Der Uferstreifen ist dicht bebaut mit Ferienhäusern bzw. Ferienanlagen. Hierher fahren die Iraner, wenn ihnen im Sommer die Temperaturen in Teheran zuviel werden. Freier Zugang zum Meer ist fast nicht möglich. Es gibt zwar Badestrände am Kaspischen Meer, doch sie sind für Männer und Frauen getrennt.
Der Küstenstreifen ist sehr fruchtbar und wir sehen überall Landwirtschaft. Es gibt viele Reisfelder, in denen besonders Frauen arbeiten. Mit ihrer bunten Kleidung stechen sie richtig hervor aus dem sonst üblichen Schwarz der Iranerinnen. Durch die Nähe zu Rußland und Aserbaidschan ist die Bevölkerung sehr gemischt. In einem Ort sehen wir sogar kyrillische Schriftzeichen auf Hinweisschildern. In einem anderen tragen alle Frauen weiße Kopftücher, keine einzige Frau trägt einen Tschador. Der Gegensatz zum bisherigen Teil Irans, den wir gesehen haben, könnte nicht größer sein. Wir fühlen uns wie in einem anderen Land.
Auf einer kaum befahrenen Straße überqueren wir wieder das Gebirge und sind in zwei Tagen an der Grenze. Auf dem Weg dahin machen noch beide Tanks voll und befüllen auch drei Reservekanister.
Die Grenzabfertigung auf iranischer Seite findet im neuen Gebäude statt. Nach einer halben Stunde sind wir fertig. An den Fahrzeugen werden gerade mal die Fahrgestell-Nummern mit dem Carnet de Passage verglichen, sonst will niemand etwas sehen.